BUND Landesverband
Mecklenburg-Vorpommern e.V.
Demonstrationsschild "Landwirtschaft ja, Hähnchenfabriken nein"

Hähnchenmastanlage Kuppentin

Die Hähnchenmastanlage in Kuppentin sollte mit weiteren 102.000 Mastplätzen um ganze 150 % erweitert werden. Nach erneuter unsachgemäßer Genehmigung durch das StALU hat der BUND Klage beim Oberverwaltungsgericht eingelegt. Dieses bestätigte, dass zunächst eine umfangreiche FFH-Prüfung für das nur 50m entfernte europäische Schutzgebiet „Alte Elde“ angefertigt werden muss.

Hintergrund

Anwohner*innen engagieren sich gegen die Erweiterung des Mastbetriebes

Bereits seit 2010 streitet der BUND gegen das Vorhaben. Der Investor der Hähnchenmastanlage Kuppentin reichte 2008 Unterlagen für eine Erweiterung des bestehenden Mastbetriebes mit 29.500 Mastplätzen um weitere 102.000 auf insgesamt 131.500 Mastplätze ein. Im Mai 2010 beraumte das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt in Schwerin (StALU) einen Erörterungstermin an, wofür 322 Einwendungen vorlagen. Bei den nächtlichen Transporten von 1,2 Millionen Hähnchen ist zusätzlich zu den Luftbelastungen ein großes Verkehrsaufkommen auf der Dorfstraße zu erwarten sodass die Anwohner*innen durch Lärm-Störungen, Verwirbelung von Keimstaub und Erschütterungen der Wohnhäuser betroffen sein werden. Die Anwohner*innen forderten demnach ein Verkehrsgutachten.

Sofortiger Stopp des Anlagenbetriebes durch erfolgreiche Klage

Das StALU hatte im Mai 2012 jedoch trotz erheblicher Widersprüche zum Naturschutzrecht die Betriebsgenehmigung für diese Erweiterung um zwei Ställe erteilt. Zuvor wurden bereits eine vorläufige Baugenehmigung und im Mai 2011 die Betriebsgenehmigung erteilt. Gegen die Genehmigungen legten die BUND-Gruppe Gallin-Kuppentin und der Landesverband BUND Widerspruch und Klage vor den Verwaltungsgerichten ein. Zwischenzeitlich baute der Investor auf eigenes Risiko die beiden Ställe und nahm sie im August 2012 in Betrieb. Nach drei Mastdurchgängen gab das Oberverwaltungsgericht Greifswald den Argumenten der Einwender*innen Recht und stoppte mit sofortiger Wirkung den Betrieb.

Umfangreiche Einwände zum Schutz von europäischem Schutzgebiet

In nur 50 m Entfernung der Anlage liegt das unter europäischem Schutz stehende FFH-Schutzgebiet „Alte Elde“ mit zahlreichen streng geschützten Tier- und Pflanzenarten. Hierfür ist es vorgeschrieben, eine FFH-Vorprüfung anzufertigen und wenn diese Schäden an dem Schutzgebiet nicht ausschließen kann, muss eine umfangreiche FFH-Prüfung erstellt werden. In den Antragsunterlagen steht unter anderem jedoch die Aussage, dass es trotz der geplanten Erhöhung der Mastplatzzahlen um 150% keine Mehrbelastung an Ammoniak und Stickstoff für die Umgebung gäbe.

Das Oberverwaltungsgericht Greifswald bestätigte Ende 2012 den Fachvortrag des BUND, der sich auf die gängige Rechtsprechung, das Bundesnaturschutzgesetz, die Vorschriften des Bundesimmissions­schutzgesetzes und die europäische FFH-Richtlinie berief. Unterstützung kam von einem Fachanwalt, einem Fachgutachter und zwei Biologen, die zahlreiche Mängel und Fehler in den Antragsunterlagen nachwiesen. Das Oberverwaltungsgericht Greifswald gab der Klage Recht: Die FFH-Vorprüfung alleine ist nicht geeignet, um den gewünschten Nachweis über das Ausbleiben einer Gefährdung zu erbringen. Die nicht fachgerecht erstellten Gutachten reichen für eine Betriebsgenehmigung durch das StALU nicht aus.

Unzureichende Untersuchung

Am 1. Juli 2014 fand daraufhin ein weiterer Erörterungstermin zum neuen FFH-Gutachten unter StALU-Regie statt. Dazu lagen 18 weitere Einwendungen vor. Angezweifelt wurden die Annahmen der Gutachter zur Ausbreitung des Stickstoffs. Kritisiert werden sowohl die zugrunde gelegten Klimadaten als auch die Annahme, dass sich jährlich pro Hektar nur elf statt zwanzig Kilogramm Stickstoff ablagern würden. Auch wurden die Belastungen durch die bestehenden Altanlagen nicht berücksichtigt. Eine rechtlich vorgeschriebene Kumulationsberechnung gab es gar nicht. Zudem kann die angegebene Reduktionsmaßnahme einer 6,4 Hektar großen Wiesenfläche nicht herangezogen werden, da sie bereits jetzt extensiv bewirtschaftet und auch gedüngt wird.

Einreichung einer Beschwerde gegen das Gerichtsurteil

Der BUND legte über zwei Jahre umfangreiche Fachstellungnahmen dazu vor und erwartete umfangreiche Nacharbeiten oder die Ablehnung des Vorhabens. Stattdessen gab das Gericht dem Anwalt des Betreibers Recht, der mit einem sogenannten Abänderungsantrag erfolgreich den Betrieb der industriellen Hähnchenmastanlage erzwingen konnte. Der BUND legte darauf 2017 Beschwerde in nächster Instanz beim Oberverwaltungsgericht Greifswald ein. Teil dieser Beschwerde sind neben der Belastung der Biotope auch der Tierschutz, die Belastungen durch Bioaerosole und Geruch für die Anwohner*innen sowie der nächtliche Lärm der Verkehrsbelastungen. Stand 2022 ist diese Beschwerde nicht beschieden worden.

Oktober 2023 Genehmigung für die Megastallanlage Kuppentin erloschen

Nach über nach über 13 Jahren Auseinandersetzung im Genehmigungsverfahren, Erörterungstermin, Widerspruchsverfahren, Klageverfahren, nachgeholter FFH-Verträglichkeitsprüfung und einem Abänderungsbeschluss des Verwaltungsgerichtes Schwerin zum ersten Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes Greifswald aus November 2012 bekam der BUND im Konflikt um die Megastallanlage für 986.250 Masthähnchen im Jahr (!) an der Alten Elde bei Kuppentin abermals Recht.

Das Oberverwaltungsgericht Greifswald gab dem BUND am 06.Oktober 2023 auf ganzer Linie Recht (AZ 1M 275/17 und 7 B 1858/15SN).

Das Oberverwaltungsgericht erkannte an, dass die Minderungsmaßnahme der Extensivierung von Grünlandflächen für die erheblichen Stickstoffimmissionen der Megastallanlage nicht als FFH-rechtliche Minderungsmaßnahme anerkannt werden kann, da die Wirksamkeit nicht feststehe. Damit sei auch die nachträglich angefertigte FFH-Verträglichkeitsprüfung rechtswidrig, stellte das Gericht fest. Der BUND hatte u.a. auch gerügt, dass die Anlage nicht ordnungsgemäß in Betrieb genommen worden ist, weil die Abluftkamine zu niedrig gebaut wurden und daher die Genehmigung erloschen sei. Das hat das Gericht mit dem Beschluss von Oktober 2023 bestätigt.

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