Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat eine Petition zur Aufklärung des mindestens 38-fachen Robbentodes vor Rügen an die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern gestartet.
Die Petition fordert die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern auf, die Ermittlungen im aktuellen Fall des Verdachts auf wiederholte Inkaufnahme der Ertränkung von bisher über 38 Kegelrobben mit aller Tiefe und Intensität durchzuführen und so die Todesursache von fast 20 Prozent der mittleren lokalen Kegelrobbenpopulation an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns aufzuklären. Die Ermittlungen sollen nicht wie im zurückliegenden Fall im Jahr 2017 vorzeitig und ohne Ergebnis eingestellt werden, so der Text der Petition. Die Landesregierung wird aufgefordert Spurensicherungen und DNA-Analysen an Fischereigeräten, Booten und sonstigen Objekten vorzunehmen, die in der Nähe des Fundortes der toten Robben zum Einsatz kamen. Gleichzeitig soll die Landesregierung effektivere Fischereikontrollen durchführen und umgehend gesetzliche Schutzmaßnahmen zur Vermeidung von Robben-, Schweinswal- und Seevogel-Beifang für alle Fangtechniken in der Fischerei in allen Meeresregionen des Bundeslandes etablieren und konsequent umsetzen. Dazu soll die bereits gültige Landesverordnung zur gerätetechnischen Verhinderung des Einschwimmens von Robben in Reusen auf das gesamte Küstenmeer von Mecklenburg-Vorpommern erweitert werden, so die Petition. Die bundesweite Petition zur Aufklärung des Robbentodes ist online zu zeichnen und abrufbar.
Die Petition wird unterstützt durch das Deutsche Meeresmuseum Stralsund.
Das Deutsche Meeresmuseum Stralsund sowie das Biosphärenreservat Südost-Rügen haben Anzeige gegen Unbekannt erstattet.
Hintergrund:
Seit Anfang Oktober dieses Jahres wurden in kurzer Zeit nunmehr 44 tote Kegelrobben vor Mönchgut auf der Insel Rügen gefunden. Der größte Teil (über 30 tote Kegelroben) wurde entlang eines kurzen Küstenabschnittes vor Mönchgut in unmittelbarer Nähe einer dort verankerten Großreuse gefunden. Bei den toten Kegelrobben handelte es sich um ausgewachsene Tiere in einem guten Ernährungszustand. Infektionen wie Vogelgrippe und andere können inzwischen als Todesursache ausgeschlossen werden. Nach Untersuchungen der Kadaver am Deutschen Meeresmuseum Stralsund und in der Tierärztlichen Hochschule Hannover gibt es bislang keine Hinweise darauf, dass die Kegelrobben natürlich zu Tode gekommen sind. Es deutet vieles auf einen Ertrinkungstod hin.
Sowohl das Biosphärenreservat Südost-Rügen als auch das Deutsche Meeresmuseum Stralsund haben Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Es besteht jetzt die Erwartung, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen einschließlich solider Spurensicherung durchführt. Im Jahr 2017 gab es in Süd-Ost-Rügen bereits einen sehr ähnlichen Fall. Das Ermittlungsverfahren wurde jedoch von der Staatsanwaltschaft aufgrund mangelnder Spurensicherung und Beweislage vorzeitig eingestellt. Der Tod von damals 23 Kegelrobben wurde nicht aufgeklärt.
Auch dieses Mal steht im Raum, dass aufgrund bereits erfolgter Äußerung eines „nicht hinreichenden Tatverdachtes“ keine vertiefte Spuren- und Beweissicherung erfolgt und das Verfahren wiederum ergebnislos eingestellt wird. Um den offenbar unnatürlichen Tod von etwa 20 Prozent der mittleren, lokalen Jahrespopulation der Kegelrobben in M-V nicht einfach hinzunehmen, fordert der BUND die Landesregierung in MV auf, dringend die Ermittlungen wegen des deutlichen Verdachts eines Verstoßes gegen das Tierschutz- und Naturschutzgesetz mit aller Ernsthaftigkeit fortzuführen.
1920 wurde die letzte Kegelrobbe in der deutschen Ostseeregion an der Küste von Mönchgut/Süd-Ost-Rügen erschossen. Nach ihrer Ausrottung an der deutschen Ostseeküste (vor fast 100 Jahren), kehren Kegelrobben wieder langsam in ihre alten Lebensräume auch in Deutschland zurück und sind seit 2002 wieder an der Küste von M-V heimisch. Heute gibt es im Jahresmittel 130–150 Kegelrobben, die dauerhaft an der Küste von M-V vorkommen. Die Kegelrobbe ist nach §44 Bundesnaturschutzgesetz eine besonders geschützte Art und nach europäischem Naturschutzrecht gemäß der FFH-Richtlinie geschützt.
Kegelrobben gelten nach wie vor als stark gefährdet und laut HELCOM (Helsinki Kommission für die Ostsee) ist ihre Population in der gesamten Ostsee in keinem guten ökologischen Zustand.
https://indicators.helcom.fi/indicator/grey-seal-abundance/
Für Rückfragen:
Corinna Cwielag, BUND-Landesgeschäftsführerin: 0178 5654700
Lena Hohls, BUND-Robbenschutz, Wismarbucht, vor Ort: 015757 4448621
Fotos: druckfähige Fotos lebender Robben können bei Nennung des Autors: Lena Hohls, BUND kostenfrei verwendet werden.
Der BUND schult Helfer in einem landesweiten Netzwerk von über 200 ehrenamtlichen Robbenbetreuern an Stränden. In einem Projekt in der Wismarbucht begleitet der BUND Ausfahrten der Weißen Flotte zum Robbenrastplatz und führt wissenschaftliche Untersuchungen mit Hilfe von Fotoaufnahmen durch.
Das BUND-Robbentelefon bei Robbensichtungen: 01523 7969 472
Totfunde und Sichtungen wertet das Deutsche Meeresmuseum Stralsund wissenschaftlich aus.
Meldung: DMM-Totfundtelefon: 03831-2650 3333
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