Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e.V., Wismarsche Straße 152, 19053 Schwerin, Tel.: 0385/521339-0, Fax: 0385/521339-20, E-Mail: corinna.cwiela@bund.net, Internet: www.bund-mv.de
V.i.S.d.P.: Corinna Cwielag
Schwerin, 17.12.2021 (PM 44-21-2)
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Landesverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. unterstützt einen Änderungsvorschlag für das Baugesetzbuch, nach dem Genehmigungen für industrielle Megastallanlagen eingeschränkt werden sollen. Der Vorschlag wurde vom BUND Naturschutz in Bayern in Zusammenarbeit mit einem Fachanwalt für Verwaltungsrecht vorgelegt. Auf Landesebene in Mecklenburg-Vorpommern soll die Landesbauordnung ergänzt werden, um zukünftig auch bei bestehenden Megastallanlagen Evakuierungspläne für die Tiere im Brandfall vorzuschreiben, forderte der BUND heute auf einem Pressegespräch.
Der Änderungsvorschlag des BUND für das Baugesetzbuch sieht vor, dass zukünftig 75 Prozent der benötigten Futtermenge inklusive des Eiweißfutters tatsächlich auf den Flächen des Betriebes angebaut werden müssen. Stallanlagen mit mehr als 40.000 Tierplätzen für Legehennen, Masthühner oder Puten, 2.000 Tierplätzen für Mastschweine oder mehr als 750 Zuchtsauen zur Ferkelerzeugung, und 6.000 Tierplätzen für die Ferkelaufzucht sollen als „industrielle Tätigkeit“ gemäß der Richtlinie 2010/75/EU über Industrieimmissionen gewertet und von der landwirtschaftlichen Privilegierung ausgenommen werden
Damit wären alle Stallanlagen oberhalb dieser Tierplatzzahlen gewerbliche Anlagen, die nur mit Zustimmung und Bebauungsplan der Gemeinden im Außenbereich gebaut werden dürften. Aus Gründen des Tierschutzes und des Umweltschutzes hält der BUND Mecklenburg-Vorpommern noch deutlich geringere Tierplatzzahlen für notwendig. Das erfolgreiche NEULAND-Programm für bäuerliche und tiergerechte Haltung habe Obergrenzen zum Beispiel bei 950 Mastschweinen und 14.400 Masthähnchen.
BUND- Landesgeschäftsführerin Corinna Cwielag aus Mecklenburg-Vorpommern:
„Mit der Änderung des Baugesetzbuches wären Planungen wie die Schweinemastanlage in Suckwitz bei Krakow am See, in der 25.000 Schweine im Jahr auf 7900 Tierplätzen je Durchgang gemästet werden sollen nicht mehr möglich. Die Massentierhaltungsanlage mit 480 Buchten über einer Güllewanne soll in einem Tourismusschwerpunktraum mit besonderer Bedeutung des Landschaftsbildes direkt am Naturpark mit Klarwasserseen und Vogelschutzgebiet errichtet werden. Mindestens 17 Millionen Liter Gülle fallen pro Jahr an. Die Gemeinde hatte den Bau abgelehnt. Die Genehmigungsbehörde durfte aber nach geltender Rechtslage das verweigerte ´Einvernehmen´ der Gemeinde ersetzen.“
Der verpflichtende Anbau des Futters auf eigenen Flächen wäre für die skandalträchtige Megastallanlage in Alt Tellin bei Anklam in Mecklenburg-Vorpommern mit über 60.000 Tieren das Aus gewesen. Die bis dahin größte Schweinezuchtanlage Deutschland wurde 2010 als gewerbliche Anlage ohne landwirtschaftliche Flächen zugelassen. Nach aktueller Rechtslage würde heute ohne Bebauungsplanung nur eine Zulassung als landwirtschaftliche Tierhaltungsanlage mit eigener Fläche in Betracht kommen. Die Betreiber der Anlage Alt Tellin (LFD-Holding im Eigentum der Terra Grundwerte AG, Schweiz) verfügen jedoch in der Gemeinde Alt Tellin und auch im Landkreis nicht über eigene Flächen. Der Anbau des Futters auf Betriebsflächen ist damit nicht möglich.
Corinna Cwielag: „Alt Tellin und viele andere Beispiele zeigen, dass auch die Umweltwirkungen, der Tierschutz und Brandschutz nachweislich in industriellen Tierhaltungsanlagen nicht beherrschbar sind. Wir fordern deshalb auch gesetzliche Änderungen auf Landesebene. Die Landesbauordnung muss ergänzt werden und Evakuierungskonzepte für die Tiere sowie feuerbeständige Gebäudeklassen müssen vorgeschrieben sein.
Hintergrund:
Die privilegierte Errichtung von Tierhaltungsanlagen ist im Außenbereich ohne Obergrenzen möglich, wenn der Betrieb über eine ausreichende Flächenausstattung verfügt. Die Errichtung von sog. „Megaställen“ entspricht wegen der damit verbundenen Umweltauswirkungen und der erheblichen Flächeninanspruchnahme nicht dem baurechtlichen Bild der bäuerlichen Landwirtschaft. Tierobergrenzen in Anlehnung an die in der Industrieemissionsrichtlinie geregelten Schwellenwerte zur Definition einer industriellen Tätigkeit können hier Abhilfe schaffen.
Am 30. März 2021 brannte die größte Schweinezuchtanlage Deutschland mit über 60.000 Tieren ab. Feuerwehren waren überfordert. Eine Rettung der Tiere war nicht möglich. Betreiber und Behörden hatten im Genehmigungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren daran festgehalten, dass die Anlage nicht brennen könne. Der BUND hatte gutachterlich belegt, dass erhebliche Brandgefahren durch Methangasbildung über der Gülle bestehen.
Die brandschutzrechtlichen Vorschriften in den Landesbauordnungen sind grundsätzlich Ländersache. Die Landesbauordnung M-V schreibt in § 14 vor, dass „bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind.“ Stallbauten sind bisher in Leichtbauweise möglich. Die Gebäude haben keine Feuersicherheitsklassen und halten nur kurze Zeit hohen Brandtemperaturen stand.
Ausführlicher Hintergrund Deutschlands größte Schweinezuchtanlage Alt Tellin:
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