BUND Landesverband
Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Die Ostsee braucht mehr Schutz vor Zigarettenkippen und Plastikmüll

27. Juni 2016

„Ausbaggerungen und Baumaßnahmen, der Kiesabbau, Überfischung und die Überdüngung sind Mitverursacher des Artenschwunds und gefährden die ökologische Qualität des Meeres an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns. Das Land kann und muss mehr zum Schutz der Ostsee tun. Dazu gehören konsequente Managementpläne für Meeresschutzgebiete und der Mut Nutzungen ausszuschliessen, um wertvolle Lebensräume und das Arteninventar zu erhalten. Ebenso wichtig  sind wirkungsvolle Umweltschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft und die Reduzierung des Mülleintrages. Gefragt sind alle, Anwohner, Besucher und Landespolitik“, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger heute in Zingst beim Ostsee-Tag des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). 

Der BUND prüft heute gemeinsam mit Schülern der Regionalen Schule Zingst, welche Müllsorten am Strand gefunden werden können. Gemeinsam mit dem BUND-Chef Weiger und den Meeresschutzexpertinnen des BUND, Nadja Ziebarth und Elke Körner, werden die Funde ausgewertet. Dabei sind viele kleine Plastikteile wie Eislöffel, Becher, Plastiktüten, Badelatschen und Getränkekartons zu finden.

„Plastikteile sind eine große Gefahr für Fische und Vögel. Weltweit sterben jährlich eine Million Vögel und 100.000 Meeressäuger allein durch Plastikmüll im Meer. Die Meerestiere verwechseln Plastikteile mit Nahrung und verschlucken sie in großen Mengen, bis ihre Mägen gefüllt sind. Danach verhungern die Tiere, weil für Nahrung kein Platz mehr ist. Über längere Zeiträume zerfallen die Plastikteile im Meer zu fast unsichtbaren Mikroplastikteilchen, die in Magen und Gewebe der Meeresbewohner nachgewiesen werden können. Diese kleinen Teilchen binden Giftstoffe an sich, die so in die Tiere gelangen und am Ende mit dem Fisch auf unseren Tisch“, sagte Nadja Ziebarth. Für Eventveranstaltungen und den Verkauf am Strand und auf Seebrücken fordert der BUND, Mehrwegbehältnisse und Papiertüten einzusetzen.

Auffällig ist auch die Vielzahl an  Zigarettenkippen, die am Strand zu finden sind. BUND-Meeresbiologin Elke Körner:

„Wir finden bis zu 2200 Kippen auf 100 Meter Strand. Die Zigarettenreste sind weder leicht biologisch abbaubar noch ungiftig. Zigarettenfilter halten Teile jener Gifte zurück, die die Raucher nicht einatmen sollen, wie zum Beispiel im Tabak enthaltenen Teer. Und Reste des Tabaks bleiben ebenfalls in den Stummeln. Deren Nikotinreste sind für viele Kleintiere am Strand giftig. Tödliche Wirkungen gibt es auch für Fische. Zudem sind  die Zigarettenreste eine Gefahr für Kleinkinder, die im Sand spielen und dabei achtlos weggeworfene Zigarettenstummel in den Mund nehmen. Schon ein bis zwei davon können Vergiftungen, Übelkeit und Erbrechen hervorrufen.“

Der BUND fordert die Strandbesucher auf, mobile Aschenbecher zu benutzen, die in Zingst zusammen mit Strandkörben verliehen werden. Elke Körner: „Mobile Aschenbecher sind so klein, dass sie in die Hosentasche passen. Darin können die Stummel sicher verstaut und nach dem Besuch am Strand entsorgt werden. Infos dazu gibt es meist bei den Kurverwaltungen und Touristeninformationen am Urlaubsort.“

Gemeinsam mit der Kurverwaltung enthüllte der BUND-Vorsitzende Weiger ein Hinweisschild für Strandbesucher. Unter der Überschrift „Kein Müll am Strand“ ist auch ein Hinweis auf Zigarettenkippen und Aschenbecher zu finden.

Für den Nachmittag hat der BUND auch Hoteliers und Gaststättenbetreiber in die Tauchgondel an der Seebrücke Zingst eingeladen. Meeresbiologin Elke Körner erklärt, weshalb die Sicht im grünen Wasser so schlecht ist: „Wir sehen hier die Folgen der Überdüngung durch die Einträge von Nährstoffen. Kleine Algen wachsen in ungesunden Größenordnungen und sorgen so für trübes Wasser. Makroalgen wie Seetang und die Seegraswiesen, die Fischbrutstuben der Ostsee, bekommen nicht mehr genug Licht und sterben ab. Untersuchungen haben ergeben, dass Seegraswiesen, nur noch bis Tiefen von 6-8 Meter vorkommen. Früher erstreckten sie sich bis in Tiefen von 30 m. Über die Flüsse Warnow, Recknitz und Peene werden über viertausend Tonnen Stickstoff pro Jahr in die Ostsee eingetragen. Alle Küstengewässer Mecklenburg-Vorpommerns sind von den Folgen betroffen.

Ursachen für die Nährstoffeinträge liegen in der Düngung der Landwirtschaft und in der hohen Belastung aus der Luft. Hubert Weiger: „Dazu tragen unter anderem die Emissionen aus Massentierhaltungsanlagen, Industrie und Verkehr bei. Wir fordern wirksame Maßnahmen gegen die hohen Schadstoffeinträge Die Düngeverordnung muss endlich geändert werden. An küstennahen Landwirtschaftsflächen in Mecklenburg-Vorpommern werden in einzelnen Gebieten bis zu 2000 Kilo Stickstoffaustrag pro Quadratkilometer und Jahr gemessen. Wir fordern Sanktionsmechanismen ab 30 Kilogramm Stickstoffüberschuss und eine nachvollziehbare Hoftorbilanz, in die auch die Nährstoffmengen aus Biogasanlagen einbezogen werden müssen.“

„Der BUND fordert außerdem, den Zubau industrieller Massentierhaltungsanlagen zu beenden“, sagt Corinna Cwielag, BUND-Landesgeschäftsführerin. „Mecklenburg-Vorpommern ist trotz niedrigem Gesamttierbestand das Land der Megaställe mit bis zu 900.000 Masthähnchen bzw. über 35.000 Schweinen in einer einzigen Anlage. Die Emissionen aus diesen Anlagen betragen insgesamt über zwei Millionen Tonnen Stickstoff jährlich, der über die Atmosphäre auch in die Ostsee gelangt. So kann es nicht weiter gehen. Der BUND fordert deshalb Obergrenzen für neue Tierhaltungsanlagen und die bestehenden Anlagen mit wirksamen Filtern auszurüsten“, fordert Corinna Cwielag.

Weiger: „Ein wichtiger Teil der Lösung ist der Ausbau des ökologischen Landbaus, der ohne leicht löslichen synthetischen Dünger wirtschaftet und bei dem die Tiere auf Weiden, beziehungsweise  deutlich emissionsärmer auf Einstreu gehalten werden. Über Bio-Modellregionen können gefährdete Gebiete besonders gefördert werden.“ Der BUND-Vorsitzende lobte das Konzept „Mehr BIO aus MV“ des BUND Mecklenburg-Vorpommern, das mit 44 Handlungsvorschlägen an die Landesregierung  aufzeigt, wie der Anteil des ökologischen Landbaus von aktuell neun auf 20 Prozent gesteigert werden kann.

BUND-Landesgeschäftsführerin Corinna Cwielag „Im Konzept `Mehr BIO aus MV` empfehlen wir auch mehr Bio-Anteil in Hotels und Gaststätten sowie in Kantinen und bei der Schulverpflegung einzuführen. Deshalb haben wir heute auch Hoteliers und Gaststättenbetreiber der Region Darß-Zingst eingeladen. Wer Bio aus der Region anbietet tut etwas Gutes für die Ostsee.“

„Das Konzept der Bio-Städte und Bio-Modellregionen ist erfolgreich. Nürnberg, Augsburg, Freiburg, Heidelberg, München und Bremen gehören bereits dazu. Und in Kopenhagen beträgt der Bio-Anteil in Kantinen bereits 87 Prozent. Unser Fazit: Bio-Brot und weniger Fleischkonsum aus Massentierhaltung können der Ostsee helfen“, so der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.

Fotos:

-        Schild „Kein Müll am Strand“

-        Natürlicher Spülsaum mit Seegras, Herzmuscheln und Sandklaffmuscheln, Foto: Elke Körner

-        Sandregenpfeifer – Nahrungsgast am natürlichen Strand, Foto Jörg Schmiedel

 

Die Fotos können kostenlos genutzt werden.

Für Rückfragen und vor Ort: Corinna Cwielag, BUND-Landesgeschäftsführerin, Mobil: 0178 5654700  

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