BUND Landesverband
Mecklenburg-Vorpommern e.V.
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BUND zu Ostsee-Fangquoten: Erholungspause dringend erforderlich

25. Oktober 2023 | Ostsee, Rostock, Vernetze Vielfalt Ostsee, BUND

BUND M-V kritisiert EU-Beschlüsse zu Fangquoten in der Ostsee: Fehler der Vergangenheit wiederholen sich, weitere Maßnahmen sind nötig: • Erholungspause für Populationen und sozialökologischer Wandel der Fischerei • Neben Fischfangquoten Bekämpfung der Überdüngung und wirksamer Klimaschutz • Besserer Schutz des Haupt-Heringslaichgebiets Greifswalder Bodden

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) wertet die gestrigen Beschlüsse der EU-Fischereiminister*innen für die Fangquoten in der Ostsee als unzureichend. Die Bestände der ehemaligen Brotfische der Fischerei in Mecklenburg-Vorpommern, Dorsch und Hering, seien in der westlichen Ostsee in einem katastrophalen Zustand. Der BUND bewertet sie als praktisch kollabiert.

BUND-Meeresschutzexpertin Pauline Damer aus Rostock sagt:

„Aktuell sind fünf von zehn Fischpopulationen in der Ostsee zusammengebrochen. Sie sind unter den wissenschaftlich und rechtlich festgelegten Grenzwert gefallen, zu dem sie noch abgefischt werden dürfen. Die EU-Kommission hatte in Übereinstimmung mit dem Ostsee-Mehrjahresplan einen Fangstopp für diese fünf Populationen empfohlen. Aber die Fischereimister*innen entschieden nur, dass östlicher Dorsch, sowie Hering und Dorsch der westlichen Ostsee weiter nur als Beifang ins Netz gehen dürfen. Zentraler und bottnischer Hering dürfen dagegen weiter gezielt gefischt werden.“

Doch Dorsch und Hering leiden laut BUND besonders unter den Auswirkungen der Klimakrise auf die Ostsee: Temperaturerhöhung und Ausweitung der Sauerstoffmangelgebiete. Vor allem die anhaltende Nährstoff-Überdüngung der Ostsee sei im Zusammenspiel mit der Klimakrise ein Todesurteil für viele Fischeier und Fischlarven der beiden Arten in der Ostsee. „Sinkt die Populationsgröße, fehlt den Fischen außerdem die genetische Vielfalt, um sich ausreichend schnell auf umweltbedingte Veränderungen einstellen zu können. Hinzu kommen speziell im Greifswalder Bodden, dem Hauptlaichgebiet für Heringe der westlichen Ostsee, Eingriffe in die Meeresumwelt durch weitere Pipeline- und Kabelverlegungen, die einen zusätzlichen Stressfaktor für laichende Heringe darstellen. In der Folge wirken sie auch negativ auf geschützte Arten wie Schweinswal und Kegelrobbe, aber auch auf Seevögel, die Heringsschwärme bejagen“, so Pauline Damer vom BUND in Rostock.

Olaf Bandt, BUND-Bundesvorsitzender: „Die Fangquoten für den zentralen und bottnischen Hering sind ein Fehler. Damit ignorieren die Fischereiminster*innen nicht nur den desaströsen Zustand der Populationen, sondern auch ihre eigenen Gesetze. Die gemeinsame Fischereipolitik und den Ostsee-Mehrjahresplan gibt es, damit in kritischen Fällen wie diesem Schutzmaßnahmen greifen und Fischpopulationen nicht weiter heruntergewirtschaftet werden. Es ist tragisch: Anstatt die kritischen Populationen zu schützen, werden die Fehler der Vergangenheit wiederholt.“ Die Fischpopulationen in der Ostsee brauchen eine echte Pause, um eine Chance auf Erholung und Anpassung an die sich rapide ändernden Umweltbedingungen zu haben. Bis sich die Fischbestände erholt haben, müssen alle gemeinsam an einen sozialökologischen Strukturwandel der Fischerei arbeiten. Eine Stilllegung der konventionellen und industriellen Ostsee-Fischerei ist notwendig, denn die wenigen Fische, die noch gefangen werden können, müssen den Fischer*innen vorbehalten sein, die bereits engagiert daran arbeiten ihre Arbeit nachhaltig und umweltschonend zu gestalten. Die Zukunft gehört der Fischerei mit kreativen Ideen zur Diversifizierung und zur regionalen Wertschöpfung an der Küste.

„Die Fischereiseite in M-V hat bereits eingesehen, dass sich etwas ändern muss am ganzen System und hat ein innovatives Berufsbild für eine Art Meeres-Ranger entwickelt. Das begrüßen wir ausdrücklich“, sagt Pauline Damer vom BUND in Rostock.

Positiv bewertet der BUND, dass die Fangquoten für 2024 nun auch die Freizeitfischerei auf Dorsch in der westlichen Ostsee mit in die Pflicht nehmen. Auch die Freizeitfischerei auf Dorsch darf nun nicht mehr gezielt betrieben werden. Das sei für das Ökosystem ein positives Signal. Die zahlreichen Dorschangelfahrtangebote müssen, ähnlich wie die kommerzielle Fischerei, endlich auf kreative, neue Konzepte umschwenken, wenn sie eine Zukunft haben wollen, so der BUND.

Der BUND fordert weitere Maßnahmen für den Erhalt der Fischpopulationen in der Ostsee:

Die Nährstoffeinträge in die Ostsee müssen weiter vermindert werden durch Reduzierung des Düngereinsatzes in der Landwirtschaft, z.B. durch ökologische Landwirtschaft und ausreichend breite Gewässerrandstreifen, durch extensive Weidehaltung von Vieh, aber auch durch die Reduzierung des Verkehrs oder das Verhindern von unbeabsichtigten Abwassereinleitungen. Die Industrialisierung der Ostsee kann nicht so weiter gehen, tiefgehende Eingriffe in die Meeresumwelt müssen vermieden werden und wenn das nicht möglich erscheint, wirksam und vor Ort kompensiert werden.

BUND-Bundesvorsitzender Olaf Bandt: „International, auf EU-Ebene und in Deutschland werden aktuell viele Ziele zum Schutz der Natur, der Artenvielfalt und des Klimas beschlossen. Die Fischereiminister*innen stehen nicht außerhalb dieser Verpflichtungen. Die Fangquoten und das gesamte Fischereimanagement müssen einen Beitrag zu diesen Zielen leisten, anstatt sie zunichte zu machen. Die Fischerei muss endlich zum Bestandteil eines ganzheitlichen Ökosystemansatzes werden. Die EU-Entscheidung über Fangquoten geht weit über die direkten Auswirkungen auf die befischte Population hinaus. Das betrifft insbesondere auch den Klimaschutz: Intakte marine Ökosysteme puffern die Auswirkungen der Klimakrise ab, in dem sie auf natürliche Weise Kohlenstoff binden und speichern. Vor allem Sedimente am Meeresboden haben ein enormes Speicherpotenzial. Zerstörerische Fangmethoden, wie die Grundschleppnetzfischerei, gefährden diese natürlichen Kohlenstoff-Senken.

Mehr Informationen:

Für Rückfragen:

Pauline Damer, BUND-Meeresschutzexpertin M-V: T.  0162 8333085

Valeska Diemel, BUND-Expertin für Fischerei, Mobil: 0178-810 1714, Valeska.Diemel@bund.net

Dr. Susanna Knotz, Meeresschutzreferentin BUND M-V, mobil: 01525-3622 084, Susanna.Knotz@bund-mv.de

Alle unsere Pressemitteilungen finden Sie unter https://www.bund-mecklenburg-vorpommern.de/service/presse/

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