BUND Landesverband
Mecklenburg-Vorpommern e.V.

BUND, NABU und ProRecycling legen Widerspruch gegen Teilgenehmigung für Klärschlammverbrennungsanlage ein

03. August 2023 | Energie, Energiewende, Rostock

BUND, NABU und ProRecycling legen Widerspruch gegen Teilgenehmigung für Klärschlammverbrennungsanlage ein. Die gesetzlich vorgeschriebene Phosphorrückgewinnung ist nicht vorgesehen. Grundlegende Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Unternehmenskonzept machen den Bau der Anlage zudem unverantwortlich.

Es ist eine delikate Angelegenheit: zum einen erteilt die Genehmigungsbehörde die sofortige Vollziehung (Baugenehmigung) noch vor Auslegung der Widerspruchsfrist und zum anderen weicht das jetzt teilgenehmigte Unternehmenskonzept von dem Beschluss der Bürgerschaft 2019 für den Bau einer Mono-Klärschlammverbrennungsanlage erheblich ab, ohne dass die Bürgerschaft erneut darüber entschieden hat.

Der Wegfall der drei ursprünglich geplanten dezentralen Trocknungsanlagen in Schwerin, Grevesmühlen und Stavenhagen verhagelt die Klima- und Wärmegewinnungsbilanz der Stadt Rostock. Zudem ist völlig unklar, wie sich das auf die Gebühren für die Rostockerinnen und Rostocker auswirkt. „Nun muss die gesamte nicht vorgetrocknete und damit erheblich größere Klärschlammmenge mit einem deutlich höheren LKW-Verkehrsaufkommen in Rostock angenommen, getrocknet und entsorgt werden. Das verringert die ursprünglich kalkulierte Wärmeenergieausbeute um 62% und macht eine Nutzung für das Fernwärmenetz fraglich.“ bemängelt Susanne Schumacher, Sprecherin des BUND Rostock. Die Verbrennungsanlage kann so nicht mehr wie angedacht klimaneutral arbeiten, sondern wird zu einer zusätzlichen Treibhausgasquelle für Rostock.

Durch die Klärschlammverordnung ist die Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm für die landwirtschaftliche Verwertung vorgeschrieben. Rechtlich fragwürdig ist deshalb aus Sicht der Verbände, dass die geplante Verbrennungsanlage nach wie vor kein Konzept für die Rückgewinnung von Phosphor für die landwirtschaftliche Nutzung vorsieht. „Der Rohstoff ist in der Natur endlich, aber für die Landwirtschaft als Dünger essentiell! Statt als Abfall in Schlacke zu enden, muss Phosphor dringend im Stoffkreislauf verbleiben!“ erinnert Annette Pommeranz für den NABU MM.

Doch auch baulich gibt es Mängel: so wurden keine Hochwasser- und Sturmflutschutzmaßnahmen berücksichtigt, obwohl Nachbarflächen als teilweise überflutungsgefährdet eingestuft sind.

Ein vorliegendes Gutachten bescheinigt dann auch, dass die ursprünglichen technischen und wirtschaftlichen Vorteile mit dem aktuellen Konzept weitestgehend entfallen sind und damit die Ziele des damaligen Bürgerschaftsbeschluss nahezu vollständig verfehlt werden! Es bescheinigt zudem gestiegene Investitionskosten, eine fehlerhafte Gebührenkalkulation und die rechtlich beschränkten Einwirkungsmöglichkeiten Rostocks auf das Unternehmenskonzept, da die Stadt selbst nicht Gesellschafterin ist. „Das ist hochriskant, da bei weiteren Absprüngen von Gesellschaftern allein Rostocks Bürger auf den Kosten sitzen bleiben, oder aber ein großer Konzern die Anlage übernimmt und in noch klimaschädlicherer Qualität baut – so bereits geschehen bei der Müllverbrennungsanlage von Vattenfall.“ erläutert Markus von Stenglin, Sprecher von ProRecycling.

Doch ist eine Verbrennung in Zeiten der Klimakrise überhaupt die richtige Lösung und vom Gesetzgeber vorgeschrieben? Nein, doch Rostock hat diesbezüglich keine Alternativen bzgl. Technologien und Wirtschaftlichkeit geprüft, obwohl die Umweltverbände von Anfang an auf klimafreundlichere Lösungen hingewiesen haben. Eine Karbonisierung des Klärschlamms bspw. bindet CO2 und produziert pflanzenverfügbares Phosphor. „Das Endprodukt ist ein Carbonisat (vergleichbar einer Holzkohle), die der Landwirtschaft und dem Gartenbau zur Verfügung gestellt werden kann. Organische Schadstoffe, Mikroplastik und Arzneimittelrückstände werden durch den thermischen Prozess unter sauerstoffarmen Bedingungen dagegen zerstört. So entsteht ein klimafreundlicher Stoffkreislauf auf regionaler Ebene statt Treibhausgasen und Schlacke.“ so v. Stenglin weiter.

Übrigens: die meisten kommunalen Klärschlämme in MV überschreiten die vorgegebenen Schadstoffgrenzen gar nicht und könnten ohne weiteres Verfahren weiterhin auf landwirtschaftliche Flächen ausgebracht werden. Das absehbar zu geringe Klärschlammaufkommen aus dem Land ist deshalb auch ein wirtschaftliches Risiko für die Anlagen. Es sein denn, es wird Klärschlamm importiert.

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