BUND Landesverband
Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Baumfällungen Markt Güstrow voreilig

10. Oktober 2023 | Alleen, Alleen

BUND legt Beschwerde ein / Klagefrist wurde nicht abgewartet

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland Mecklenburg-Vorpommern e.V. (BUND) hat beim Bürgermeister der Stadt Güstrow Beschwerde gegen die voreilige Fällung von 10 vitalen Bäumen auf dem Markt und an der Pfarrkirche in Güstrow eingelegt. Die Bäume, darunter zwei mehr als einhundertjährige Linden mit 2,30 Meter Stammumfang, wurden am vergangenen Mittwoch, den 04.10.2023 gefällt.

Der BUND hatte am 7. September 2023 Widerspruch gegen die Genehmigung der Fällung der Bäume für die Marktumgestaltung beim Landkreis Rostock eingelegt. Dieser Widerspruch wurde als rechtmäßig anerkannt. Am 19. September 2023 wurden die Einwände des BUND M-V vom Landkreis Rostock zurückgewiesen, dem BUND M-V aber das Recht zugesprochen, innerhalb eines Monats gegen diesen Bescheid Klage einreichen zu können.

„Die Fällung der Bäume in Güstrow erfolgte innerhalb der Frist für eine Klage. Ein solches Vorgehen ist für uns nicht nachvollziehbar. Es ist fraglich, auf welcher Grundlage überhaupt gefällt werden durfte. Wir haben den Bürgermeister der Stadt Güstrow dringend um ein Gespräch gebeten“, sagt Corinna Cwielag, Landesgeschäftsführerin des BUND in Mecklenburg-Vorpommern.

Katharina Dujesiefken, Expertin für Baum- und Alleenschutz beim BUND Mecklenburg-Vorpommern: „Der Erhalt des wertvollen Altbaumbestands ist bei den Plänen für die Marktplatzgestaltung der Stadt Güstrow vernachlässigt worden. Der BUND hatte nach Bekanntwerden der Pläne in einem Schreiben an die Naturschutzbehörde Alternativen eingefordert. Dazu gehörte auch die Regenwasserableitung. Die zunehmend stärkeren negativen Folgen der Klimaveränderung auf das Wohnumfeld müssen bei jeder neuen Planung beachtet werden.“

Beim BUND sei auch bekannt, dass der Erhalt der Bäume sehr vielen Stadtvertretern und Bürgern wichtig war und es noch immer ist. Es hat sogar eine Unterschriftensammlung mit hunderten Unterzeichnern für den Baumerhalt gegeben. Die Planung folgte allerdings alten Planungsmustern mit kompletter Entfernung des Baumbestandes, Vollversiegelung und möglichst vielen Parkplätzen. Katharina Dujesiefken. „Es ist unfassbar, dass jetzt voreilig Tatschen geschaffen worden sind.“

Für Rückfragen:

  • Katharina Dujesiefken, Expertin für Baum- und Alleenschutz beim BUND M-V: katharina.dujesiefken(at)bund-mv.de; 0172 3848542
  • Corinna Cwielag, Landesgeschäftsführerin BUND M-V, T. 0178 5654700

Hintergrund:

Im Zusammenhang mit der Sanierung des Marktes in Güstrow sollten 12 geschützte Bäume - zwei Baumreihen mit je 5 Bäumen und zwei einzelne große Linden von über 130 Jahren – gefällt werden. Die eine Baumreihe aus fünf etwa 40 Jahre alten Winterlinden befand sich an der Nordseite der Kirche auf dem Güstrower Markt. Die östliche Baumreihe aus gesunden Kugel-Ahornbäumen spendete durch die dichte Belaubung in den Sommermonaten Schatten. Das kam besonders der gastronomischen Nutzung zu Gute. An der Südfassade der Kirche befanden sich zwei sehr große, alte Winterlinden einer inzwischen nicht mehr vollständigen vorhandenen Lindenreihe. Das Alter der Bäume betrug mit einem Stammumfang von 2,30 Meter etwa 130 Jahre.

Am 4.Oktober wurden 10 der 12 Bäume ohne Vorwarnung gefällt. Die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung der Umweltverbände wurde bei der Planung nicht berücksichtigt. Es wurde missachtet, dass es sich hier um Baumreihen handelt, die gesetzlich geschützt sind. Bei einer Fällung der Baumreihen wäre außerdem ein Ersatz im Verhältnis 1:3 notwendig, so der BUND in seinem Widerspruch beim Landkreis Rostock.

Als Ersatz ist nun die Pflanzung von 15 amerikanischen Lederhülsenbäumchen (Gleditsia triacanthos ‘Scyline‘) geplant. Diese Baumart kann nicht annähernd die Fällung von 7 großen Linden und 5 vitalen Kugel-Ahornbäumen ausgleichen. Es braucht 100 Jahre, bis ein neuer Baum die Leistung des gefällten alten Baumes ersetzt und ein kleinkroniger Baum mit von Natur aus lichtem Blattwerk wie die Gleditsia schafft es im Vergleich zur Linde nie. Die Baumfällung wird mit dem grundhaften Ausbau und der Neuverlegung der Leitungen begründet. Der BUND hatte gefordert, die Notwendigkeit der Baumfällung zu hinterfragen und Lösungen für den Erhalt der Baumreihen und der Einzelbäume aufzuzeigen. Eine Machbarkeitsstudie oder ein Variantenvergleich ist dem BUND bei der Akteneinsicht nicht vorgelegt worden. Da bei einer grundhaften Sanierung eine Neuordnung aller Leitungspakete ökonomisch und bautechnisch sinnvoll ist, können diese Leitungspakete aus Sicht des BUND außerhalb des Wurzelbereiches angeordnet werden.

Auch die Planung der Regenentwässerung wird vom BUND stark kritisiert. Die Planung in Güstrow sieht die Ableitung aller Abwässer als Mischwasser vor. Die klimatischen Veränderungen mit zunehmenden Starkregenereignissen erfordern aber dringend einen Paradigmenwechsel bei der Regenwasserbehandlung. Die Versiegelung des Bodens muss nicht nur gestoppt, sie sollte an vielen Orten auch rückgängig gemacht werden. So kann auch Regenwasser besser versickern und im Boden gespeichert werden. Das kommt dem kühlenden Stadtgrün zugute und Überschwemmungen werden verhindert. Vor Ort maximal versickern muss vor Ableiten in Kanäle und Vorfluter stehen.

Stadtbäume sind wichtiger denn je. In vielen Städten zeigte das Thermometer auch in diesem Sommer wieder mehr als 35 Grad Celsius. Viele Menschen suchten verzweifelt nach Abkühlung. Nichts kühlt so effektiv wie ein Baum mit seiner überschirmenden Kronenfläche und Beschattung und der natürlichen Verdunstung. Durch den Verlust der Altbäume und der dann fehlenden Beschattung wird sich die Umgebungstemperatur an heißen Sommertagen um ca. 5 bis 10 Grad Celsius erhöhen und die Luft trockener und staubiger werden. Obwohl das bekannt ist und trotz jährlicher steigender Temperaturen verschwinden Jahr für Jahr viel zu viele Bäume für immer aus dem Stadtbild. Neuanpflanzungen können über Jahrzehnte nicht den vollen Umfang der positiven Effekte eines alten Baumes erreichen.

 

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