Der BUND Mecklenburg-Vorpommern unterstützt die Klage des BUND Brandenburg gegen den ersten Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der B96. Der BUND Brandenburg hat beim Bundesverwaltungsgericht Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Landesamtes für Bauen und Verkehr Brandenburg vom 28.02.2023 für die ersten 17 Kilometer des Straßenneubauvorhabens eingelegt. Dies ist nur ein Abschnitt der Bundesstraße, deren Ausbau von Oranienburg bis Neubrandenburg geplant ist. Gemeinsames Ziel der BUND-Landesverbände ist es, das Straßenbauvorhaben B96 soweit zu ändern und zu verkleinern, dass empfindliche Naturräume geschont werden.
„Wir unterstützen die Klage inhaltlich und finanziell, weil das Gerichtsverfahren richtungsweisend für den weiteren Ausbau der B96 in Mecklenburg-Vorpommern ist. Der sogenannte „Ausbau“ der B96 zwischen Neubrandenburg und der Landesgrenze mit Brandenburg soll ebenfalls in großem Umfang neben der bisherigen Trasse als Neubau realisiert werde. Statt bisher 7,5 Meter sollen künftig 15 Meter Straßenbarriere zu überwinden sein. Allein auf dieser Strecke sind damit vier Naturschutzgebiete, zwei Europäische FFH-Schutzgebiete und zwei Vogelschutzgebiete mit empfindlichen und seltenen Arten betroffen. Außerdem bleibt zusätzlich die alte Trasse der Bundesstraße für den langsam fahrenden Verkehr erhalten“, sagt Corinna Cwielag, Landesgeschäftsführerin des BUND M-V.
"Der Ausbau der B96 soll über 100 Millionen Euro allein für die Strecke zwischen Neubrandenburg und Neustrelitz für einen Zeitgewinn von 3 Minuten kosten – das ist völlig unverhältnismäßig und rechtfertigt nicht die starken Eingriffe in hochsensible Landschaftsräume, den massiven Flächenverbrauch und die enorme Lärmbelastung für die Anwohner*innen", sagt Annett Beitz vom BUND Neubrandenburg.
„Landwirtschaftliche Flächen werden in erheblichem Maße zerteilt, das belastet Mensch und Natur. Eine Zufahrt zur B 96 wird es nur an wenigen Stellen geben. Zwischen Neubrandenburg und Neustrelitz wird nur am Kreuzungspunkt Blumenholz und Groß Nemerow-Süd eine Zufahrt sein. Das bedeutet zusätzliche Verbindungsstraßen und weitere Wege. Die Lebensqualität der Anwohner*innen leidet unter dem überdimensionierten Ausbau. Natur-, Umwelt- und Klimaschutz sowie die Interessen der Bürger*innen vor Ort wurden und werden völlig ignoriert“, so Annett Beitz weiter.
Der BUND Neubrandenburg ist Mitbegründer des Aktionsbündnisses „B96-Ausbau: So Nicht!, dass seit 2018 fordert, die Planungen an die Realität und für Mensch und Natur anzupassen. Im Aktionsbündnis sind Anliegergemeinden, Umweltverbände, Bürgerinitiativen, ein Bürgerarbeitskreis aus Fürstenberg sowie der Regionalverband von Bündnis 90/Die Grünen zusammengeschlossen. Das Aktionsbündnis hat Alternativvorschläge zum umfangreichen Neubauvorhaben der B96 vorgelegt, die den Verkehrsfluss mit einem Bruchteil des Aufwandes verbessern.
Dazu gehören drei Abschnitte mit Überholspuren. „Hier an der B96 könnten mit den Alternativvorschlägen viel schneller Verbesserungen in der Mobilität umgesetzt werden, statt auf den Ausbau der Straße aus Mitteln des Bundesverkehrswegeplanes in vielleicht 20 Jahren zu hoffen. Hier muss das Land Mecklenburg-Vorpommern sich zu seiner Verantwortung und zu seinen Bürger*innen bekennen und sofort handeln“, kritisiert Annett Beitz vom BUND Neubrandenburg.
Der Bundesverkehrswegeplan 2030 sei schlichtweg ein Relikt vergangener Zeiten und wurde mit Ignoranz gegenüber dem Klimawandel und dem Artensterben entwickelt. Die in ihm enthaltenen Projekte müssen evaluiert, überarbeitet und an den Zielen des Klima- und Naturschutzes ausgerichtet werden, so Beitz. Die eingesparten finanziellen Mittel sollen in den Straßenerhalt und den Ausbau des ÖPNV mit attraktiven Verbindungen investiert werden, um Personen- und Güterverkehr klimafreundlich zu verlagern, fordert der BUND.
Die BUND-Broschüre „Desaster im Dutzend“ finden Sie unter: www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/mobilitaet/mobilitaet_desaster_im_ dutzend_broschuere.pdf
Für Rückfragen:
Annett Beitz, BUND Neubrandenburg: T.: 0395 – 5 666 512, e-Mail: info@bundneubrandenburg.de
Corinna Cwielag; BUND Mecklenburg-Vorpommern, T. 0178 5654700
Hintergrund:
Die vorhandenen Autobahnen A19/A24 und A20/A11 reichen für den Fernverkehr zwischen der Ostsee und Berlin aus, zumal der südöstliche Teil der A20 mit 15.000 Fahrzeugen am Tag zu den am wenigsten befahrenen Autobahnabschnitten Deutschlands gehört. Die Verbindung zwischen Berlin und Stralsund auf der A11/A20 hat sogar 33 Minuten weniger Fahrzeit als auf der B 96 über Neustrelitz (A20/A11: 2 Std. 39 Min, über A20/B96: 3 Std. 12 Min).
Auch nach den Kriterien des Bundesministeriums für Verkehr und Infrastruktur (BMVI) ist die vorhandene Verbindung von den Oberzentren Stralsund, Greifswald und Neubrandenburg mit der Metropolregion Berlin als 2=gut anzusehen. (Studie des Bundesinstitutes für BauStadt- und Raumforschung mit dem Titel: „Methodik der Raumwirksamkeitsanalyse für die Bundesverkehrswegeplanung 2015“ vom 18.03.2014). Ein Handlungsbedarf wird in der Studie ausschließlich in den Stufen 4=ausreichend, 5=mangelhaft und 6=ungenügend gesehen.
Das Aktionsbündnis „B96-Ausbau: So Nicht“ wurde 2018 in Neubrandenburg gegründet und engagiert sich für einen bedarfsgerechten Ausbau der B 96 zwischen Fürstenberg, Neustrelitz und Neubrandenburg. Neben dem BUND arbeiten verschiedene Verbände, Gemeinden und Initiativen aus der Region und aus Fürstenberg/Havel mit. Seit Anfang 2020 vernetzt sich das Aktionsbündnis verstärkt nach Süden in das Land Brandenburg und hat weiterhin starken Mitgliederzuwachs.
Dem Bündnis geht es besonders darum, dass der Flächenverbrauch in Grenzen gehalten wird und insbesondere der Naturraum geschont wird. Aus Sicht des Bündnisses sollten die Planungen behutsamer erfolgen, um die Strecke nicht noch attraktiver für den Schwerlastverkehr zu machen. Als Alternative schlägt das Aktionsbündnis vor, an geeigneten Stellen zusätzliche Überholspuren einzurichten. Ortsumfahrungen sollten nur da gebaut werden, wo sie Ortschaften wirklich entlasten und den Lärm für Anwohner reduzieren. Dabei soll so wenig wie möglich in die bestehenden Naturräume eingegriffen werden. In einem Geoportal (www.b96-ausbau-so-nicht.de) zeigt das Bündnis den aktuellen Streckenverlauf, den Planungsstand und die Dimensionen für den Ausbau der B 96 zwischen Neustrelitz und Neubrandenburg auf. Weitere Informationen zum Aktionsbündnis „B96-Ausbau: So Nicht!“ im Internet unter www.b96-ausbau-so-nicht.de
Betroffene Naturschutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern sind das NSG Nonnenhof, das NSG Nonnenbachtal, das NSG Hellberge und das NSG Keetzseen. Es ist erwiesen, dass das Nonnenbachtal als Wanderkorridor von FFH-relevanten Arten wie der Mopsfledermaus genutzt wird und das Gebiet auch von den in der Wochenstube in Burg Stargard lebenden Fledermausarten als Nahrungsgebiet genutzt wird. Im gesamten Bereich des Straßenneubauvorhabens der B96 gibt es durch die vielen Gewässer zahlreiche Wechsel- und Wanderbeziehungen geschützter und selten gewordener Tierarten. So ist zum Beispiel der über die Europäische FFH-Richtlinie streng geschützte Fischotter im gesamten Gebiet aktiv.
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