BUND Landesverband
Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Widerspruch gegen Industrieanlage zur Schweinezucht im Trinkwasserschutzgebiet

09. Dezember 2016

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat bei der Genehmigungsbehörde STALU Westmecklenburg Widerspruch gegen die Genehmigung der Sauen- und Ferkelzuchtanlage Passee eingelegt.

Die Industrieanlage zur Schweinzucht soll zwischen Passee, Goldberg und Tüzen im Landkreis Nordwestmecklenburg gebaut werden. Mit Sauen, Jungsauen, Ebern und Aufzuchtplätzen für Absatzfekel sollen in der Anlage insgesamt 13.549 Tiere gleichzeitig gehalten werden. Der Standort der Massentierhaltungsanlage liegt in einem Gebiet für oberirdischen Trinkwasserschutz. Trotz geplanter Luftfilter sind laut BUND Auswirkungen auf nahe Gewässer mit geschützten Arten sowie 14 weitere Biotoptypen und ein Europäisches Schutzgebiet zu erwarten. Gegen das Vorhaben wehrt sich seit 2012 eine Bürgerinitiative, die massive Verschlechterungen der Lebensqualität durch Gestank und Industrieverkehr auf engen Alleenstraßen befürchtet. Gemeinsam mit dem BUND haben die Bürger zu den Konflikten der Planung mit den Zielen des Trinkwasserschutzes und der Regionalentwicklung für Tourismus bei den Genehmigungsbehörden vorgetragen. Auf einem Erörterungstermin stellten sich weitere Probleme wie die fehlerhafte Berechnung der Abluftreinigung und die Betroffenheit geschützter Biotope heraus. Die Zuwegung zur geplanten Anlage führt über eine baulich nicht geeignete Straße. Eine wertvolle und enge Alt-Allee ist betroffen. Die Allee ist für das Dorf- und Landschaftsbild prägend. Die Baugenehmigung wurde dennoch im Oktober 2016 erteilt. Der BUND hat nun auch Akteneinsicht bei der Behörde beantragt.

Hintergrund:

Die BLL GmbH & Co. Agrar KG, mit Sitz in 23992 Glasin, Warnkenhagener Straße 58, plant die Errichtung einer Schweinezuchtanlage für 13.545 Tierplätze am Standort 23992 Passee im Landkreis Nordwestmecklenburg. Der BUND Landesverband hat sich seit Beginn eines Raumordnungsverfahrens 2012 mit dem Vorhaben in unmittelbarer Nachbarschaft des Vogelschutzgebietes „Kariner Land“ EU-Naturschutzgebietes „Beketal mit Zuflüssen“  auseinandergesetzt. Die geplante Anlage selbst liegt innerhalb der Trinkwasserschutzzone III/IIIA des oberirdischen Trinkwasserschutzgebietes „Warnow“. Das Raumordnungsverfahren wurde 2013 dennoch positiv beschieden. Durch den BUND wurde im Immissionsschutzverfahren 2014 auch eine gutachterliche Einschätzung der Betroffenheit des FFH-Gebietes durch Stickstoff-Einträge vorgelegt. Das im Falle Schweinemastanlage Passee vorgelegte Hydrogeologische Gutachten ist vorrangig zur Beurteilung der geplanten Brunnenbohrung angefertigt worden. Hinsichtlich der Wirkungen der Anlagenimmissionen beurteilt es u.a. explizit nicht die Gülleausbringungsflächen und kann auch deshalb keine umfassende Unbedenklichkeit bescheinigen. Am 18.10.2016 erging die Genehmigung durch die Immissionsschutzbehörde STALU Westmecklenburg.

In "Vorbehaltsgebieten Trinkwasser" soll dem Trinkwasserschutz ein besonderes Gewicht beigemessen werden. Alle Vorhaben sollen so abgestimmt werden, dass diese Gebiete in ihrer besonderen Bedeutung für den Trinkwasserschutz möglichst nicht beeinträchtigt werden. Die Grundwasservorkommen Westmecklenburgs sollen laut Regionalem Raumordnungsprogramm Westmecklenburg "als natürliche Lebensgrundlage zur bedarfsgerechten und stabilen Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit qualitätsgerechtem Trink- und Brauchwasser in allen Teilräumen nachhaltig gesichert werden."

Diesen Vorgaben widerspricht das Vorhaben nach Einschätzung des BUND, weil insbesondere der Eintrag von Nährstoffen über den Luftpfad in die Oberflächengewässer und die geplante Versickerung der hochgradig belasteten Regenabwässer der Anlage zu Einträgen in das Grundwasser führen werden. Die Filterleistungen wurden im Genehmigungsverfahren zu hoch angesetzt.

Trotz Düngemittelverordnung, Nitratrichtlinie etc. hat die deutsche Landwirtschaft die Nachhaltigkeitsziele der Bundesregierung zum Stickstoff-Überschusses deutlich verfehlt. Drei Viertel aller geschützten Biotope leiden unter massiver Überdüngung. Die EU klagt deshalb gegen Deutschland. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann der jahrzehntelange Stickstoffüberschuss zu einer Überschreitung der Nitrat- und Nitritgrenzwerte in den Trinkwasserreservoiren führt. Jeder fünfte Trinkwasserbrunnen in Mecklenburg-Vorpommern hat schon jetzt Nitratprobleme. Der oberste Trinkwasserleiter ist landesweit beeinträchtigt (Angaben des Landwirtschaftsministeriums MV auf dem Grundwassersymposium des LUNG am 7.11.2016 in Rostock). Um die Grenzwerte einzuhalten, muß oft das Trinkwasser eines Brunnens mit unbelastetem Wasser eines anderen verschnitten werden (Beispiel Wattmannshagen bei Teterow). Die dann steigenden Kosten zur Aufbereitung sind von der Allgemeinheit aufzubringen. Der BUND fordert zur Umsetzung des bundesgesetzlich gebotenen Vorsorgeprinzips den Ausschluss von großen Tierhaltungsanlagen in Trinkwasservorrang- und Vorbehaltsgebieten.

 

Für Rückfragen: Corinna Cwielag, BUND: T. 0385 521339-12 oder 0178 5654700 

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