BUND Landesverband
Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Schwammprinzip

22. Juli 2021

BUND: Siedlungswasserwirtschaft an den Klimawandel anpassen

Der BUND fordert angesichts zunehmend extremer Niederschläge, Siedlungen nach dem Schwamm-Prinzip umzubauen. Dazu sollen Städte und Gemeinden möglichst viele versiegelte Flächen in Grünflächen und Parks umwandeln, großzügige Rückhalteräume für Niederschlagswasser anlegen und keine versiegelten Parkflächen mehr zulassen. Hofflächen in Altbaubestände in Städten sollen umgebaut werden. Gründächer und unversiegelte Flächen mit Bäumen sollen verpflichtend für Baugebiete sein. Es gäbe zahlreiche Bebauungspläne im Land, die ohne ausreichende Auflagen genehmigt werden, so der BUND. Regenrückhaltebecken wurden sogar im zweiten Bauabschnitt wieder zurück gebaut um mehr Bauflächen zu erhalten. Auch Bebauungspläne in Hochwasserrisikogebieten wurden genehmigt.

In Fluß- und Bachauen sowie an Seeufern bieten benachbarte Moorflächen den besten natürlichen Schwamm, so der BUND. Moore sollten deshalb im großen Stil zu einer natürlichen Wasserhaltung zurückgeführt und renaturiert werden. Sündenfälle sind laut BUND Bauten wie die B321 am Südufer des Schweriner Sees. Der Bau der vierspurigen Straße trennt ein Randmoor des Schweriner Sees ab, welches große Wassermengen aus dem oberhalb eines Hanges gelegenen Siedlungsbereich aufgenommen hat. Ein natürlicher Waldrand wurde dafür zudem abgeholzt. Dammschüttungen für Straßenneubauten in Talräumen wie an der A 20 führen zur Eingengung von zahlreichen Bach- und Flussauen, die ihre Funktion als Schwamm teilweise verlieren.

Für Rückfragen:

Corinna Cwielag, BUND-Landesgeschäftsführerin: 0385 521339-12 oder 0178 5654700

Julius Pätzold, Geologe, BUND-Projekt Ökologisches Bauen, Tel.: 0176 55 22 30 77

 

BUND Hintergrund Umgang mit extremen Niederschlägen

Der Klimawandel wird spürbar. Die meteorologischen Auswirkungen der Industrialisierung und Umgestaltung der Landschaft prägen zunehmend den Jahresverlauf. Extremwetterereignisse wie Stürme, Starkniederschläge, Hochwasser oder langanhaltende Trockenperioden nehmen zu. Wie heftig uns das treffen kann, müssen wir derzeit in Süd- und Westdeutschland feststellen.

Mecklenburg-Vorpommern ist solchen Risiken ebenfalls ausgesetzt und könnte deutschlandweit mit am stärksten von sommerlicher Trockenheit betroffen sein [U1]. Auch ist bereits festzustellen, dass Hochwasserereignisse in jüngerer Vergangenheit gehäuft auftreten. Im Sommer 2019 hat bspw. ein Starkregenereignis in Schwerin den Pfaffenteich über die Ufer treten lassen und die Innenstadt überflutet. Zu den Jahresanfängen 2017, 2019 und 2020 führten Sturmhochwasser zu Verkehrsbeeinträchtigungen und Großeinsätzen der Feuerwehr in Rostock. Auch andere gewässernahe Städte im Land können von solchen Ereignissen berichten.

Jahrzehntelang prognostizierten Klimaforscher und Meteorologen solche Szenarien und dennoch wurden nur wenige effektive Vorsorgemaßnahmen getroffen. Nun sind wir gezwungen uns kurzfristig an die Veränderungen anzupassen und Schadensbegrenzung zu betreiben.

Das veränderte Wasserdargebot bringt Herausforderungen für die Stadtplanung und das Wassermanagement in Siedlungsgebieten mit sich. Für länger werdende Trockenphasen müssen Speicher angelegt und gleichzeitig das Kanalsystem an Starkniederschläge angepasst werden.

Dringender Handlungsbedarf besteht in Mecklenburg-Vorpommern zudem zum Hochwasserschutz entlang der Flüsse und Ostseeküste [U2]. Betroffenen Ortschaften und Städten bieten sich diverse Maßnahmen, bspw. linienförmige Schutzanlagen, die Erhöhung des Geländes oder die Errichtung von Gebäuden auf Pfählen. Größere energieabhängige Systeme wie schließbare Scharten sollten möglichst vermieden werden, da ein Risiko des technischen Versagens besteht.

Zukünftig müssen von Kommunen und Bauleitplanung also Vorsorgemaßnahmen zum Hochwasserschutz stärker berücksichtigt werden. Im Flächennutzungsplan sowie den Bebauungsplänen sind Retentionsräume, Entwässerungs- und Schutzbauwerke vorzusehen. Da Städte durch beengte Platzverhältnisse häufig auf Anpassungsstrategien angewiesen sind, werden ebenso integrative Maßnahmen zur schnellen Ableitung oder Zwischenspeicherung von Wasser notwendig. Dies kann bspw. durch Dach- und Fassadenbegrünung sowie den Ausbau städtischer Grünflächen erreicht werden, welche ein hohes Speicherpotential bieten. Stellplatzflächen, Innenhöfe, gewerblich genutzte Flächen und andere Standorte können entsiegelt bzw. wasserdurchlässig errichtet werden, um die Versickerung in den Untergrund zu ermöglichen und die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens zu nutzen.

Diese Maßnahmen wirken gleichfalls kühlend auf das Stadtklima und dienen daher ebenso der Hitzevorsorge im Sommer. Aus den notwendigen Maßnahmen zum Schutz vor Starkniederschlägen und Flusshochwasser sowie der Hitzevorsorge kann somit eine synergetische Nutzung zur aktiven Kühlung der Stadt erzielt werden. Das Fluss- oder Niederschlagswasser sollte hierfür möglichst den verfügbaren Zwischenspeichern (Böden, Pflanzen, technischen Anlagen) zugeführt werden, bevor es abgeleitet oder in den Untergrund versickert wird.

Dieses sogenannte „Schwammstadtprinzip“ ist eine neue Herausforderung für die Siedlungswasserwirtschaft. Es bedarf der Abstimmung von Maßnahmen zwischen allen Fachbereichen (wasserbaulich, städtebaulich) und Akteuren. Von der Planung über die Bauausführung bis zum Betrieb. Das Monitoring und die Analyse von Extremereignissen sowie eine begleitende Forschung werden notwendig, um die Effektivität von Maßnahmen beurteilen zu können. Und natürlich sind die Schutzanlagen und -bauwerke im Sinne der Flächeneffizienz und für den Wohlfühlcharakter der Stadtbewohner möglichst nutz- oder erlebbar zu gestalten.

Quellen:

[U1] Bodenschutzprogramm Mecklenburg-Vorpommern, Teil 2 – Bewertung und Ziele, Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin, 2017

[U2] Regelwerk Küstenschutz Mecklenburg-Vorpommern, Übersichtsheft Grundlagen, Grundsätze, Standortbestimmung und Ausblick, Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz, Schwerin, 2009

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