Schwerin: Die Süßwasserressourcen für unsere Trinkwassergewinnung sind zunehmend gefährdet. Aktuelle Stichproben des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zeigen: In der überwiegenden Mehrheit der untersuchten Trinkwasserproben wurden sogenannte Ewigkeitschemikalien, per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS), nachgewiesen.
Auch in den Stichproben, die in Mecklenburg-Vorpommern entnommen wurden, sind die Ewigkeitschemikalien gefunden worden. Die hohe Konzentration der Chemikalien in Ludwigslust, und Güstrow liegt zwar noch unter den Grenzwerten, die ab Januar 2026 gelten. Ab 2028 geltenden jedoch die neuen Grenzwerte der Trinkwasserverordnung, die die Proben überschreiten. Alle Proben des BUND in Mecklenburg-Vorpommern enthalten den weit verbreiteten Stoff Trifluoracetat (TFA): Ein Abbauprodukt vieler anderer PFAS, welcher in der Umwelt verbleibt. Der BUND ist mit den Wasserversorgern im Kontakt. Die Wasserversorger arbeiten mit Hochdruck an der Einhaltung der geltenden Grenzwerte. BUND-Landesgeschäftsführerin Corinna Cwielag: „Bereits heute sind Menschen im Alltag zu hohen Konzentrationen von Ewigkeitschemikalien ausgesetzt. Durch Lebensmittel und Alltagsprodukte sind wir zusätzlich höheren Mengen an PFAS ausgesetzt als durch das Trinkwasser. Unser Test soll die weite Verbreitung der PFAS aufzeigen und vor dem zunehmenden Risiko warnen.“
Von Juni bis Oktober 2025 nahmen BUND-Aktive aus ganz Deutschland stichprobenartig 46 Trinkwasserproben. Die Stichproben zeigen, dass PFAS längst in unserem Wasserkreislauf vor Ort angekommen sind. Die Folge: Das Aufbereiten von sauberem Trinkwasser wird immer aufwendiger und teurer für unsere Wasserwerke. Die entstehenden Kosten sollten von den Verursachern gezahlt werden und nicht von den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Der BUND fordert die Kommunen auf die Verursacher zu identifizieren und zur Kasse zu bitten.
Deutschlandweit wurden in 42 der 46 Stichproben PFAS gefunden – und damit in nahezu allen untersuchten Proben. Die Proben sind jeweils nur örtlich und zeitliche Stichproben aus den genannten Städten und bilden je nach Wassernetz nicht die Situation in der ganzen Stadt ab. Immerhin in vier Trinkwasserproben konnten keine PFAS nachgewiesen werden. Ein Großteil des Trinkwassers in Deutschland wird aus Grundwasser gewonnen.
Altlasten, aber auch zugelassene kurzkettige „Ersatzstoffe“ weit verbreitet
Am häufigsten und in den höchsten Konzentrationen wurden bisher nicht regulierte PFAS gefunden, welche teils als „Ersatzstoffe“ für die weniger als 20 regulierten PFAS eingesetzt werden: Trifluoracetat (TFA), Perfluorbutansäure (PFBA) und Perfluorpropansäure (PFPrA). Letztere Substanz läuft bisher gänzlich unter dem Radar der Behörden und ist auch in keinen zukünftigen Messprogrammen vorgesehen.
In mehreren Regionen wurden Überschreitungen zukünftiger PFAS Grenzwerte festgestellt: die bereits genannten Orte Ludwigslust und Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern), sowie in Zeuthen (Brandenburg). Dort deuten erhöhte PFOA-Konzentrationen auf Altlasten durch den früheren Einsatz von PFAS-haltigen Feuerlöschschäumen hin.
Neue PFAS Grenzwerte für Trinkwasser
Im Januar 2026 und 2028 treten neue PFAS-Grenzwerte für Trinkwasser in ganz Deutschland in Kraft. Die Einhaltung dieser PFAS-Grenzwerte stellt Wasserbetriebe vor erhebliche technische und wirtschaftliche Herausforderungen. Die derzeit verfügbaren Verfahren zur PFAS-Entfernung sind teuer, energie- und ressourcenintensiv und überdies bei TFA nur begrenzt wirksam.
Der BUND sagt: „Wasserversorger können nicht die Müllabfuhr einer verfehlten Chemikalienpolitik sein. Hinzu kommt: Im Trinkwasser können PFAS noch aufwendig rausgefiltert werden, doch wie machen wir das mit unseren Lebensmitteln, unseren Böden, Flüssen und dem Meer? Dabei sind Alternativen in vielen Bereichen bereits verfügbar, etwa für Textilien, Pfannen und Kältemittel. Nur ein umfassende PFAS-Beschränkung kann die zunehmende Verschmutzung unserer Umwelt stoppen. Die Politik muss handeln und uns alle schützen.“
PFAS werden massenhaft eingesetzt, die Konzentrationen in unseren Körpern und der Umwelt steigen stetig an. Im August veröffentlichte der BUND eine Auswertung zur PFAS Belastung von Lebensmitteln. Auch Wissenschaftler*innen und Ärzt*innen schlagen Alarm. Studien belegen ihren Effekt auf den Körper bei ständiger, langfristiger Einnahme. Folgen können ein erhöhter Cholesterinspiegel oder ein größeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein, Leberschäden oder ein geschwächtes Immunsystem.
BUND Forderung: PFAS beschränken – Wasserressourcen schützen
- Schnellstmögliche Beschränkung der gesamten PFAS-Gruppe
- konsequente Anwendung des Verursacherprinzips bei der Aufbereitung und Sanierung von kontaminiertem Wasser und Böden,
- eine vorsorgeorientierte Chemikalienpolitik zum Schutz von Umwelt und Gesundheit.
Hintergrund:
PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) sind eine Gruppe von über 10.000 synthetischen Chemikalien, die aufgrund ihrer extremen Langlebigkeit als Ewigkeitschemikalien gelten. Ihre Langlebigkeit führt dazu, dass sie über Jahrzehnte in der Umwelt bleiben und in Flüsse, Böden, Lebensmittel und letztlich in den menschlichen Körper gelangen. Wegen ihrer fett-, wasser- und schmutzabweisenden Wirkung werden sie häufig eingesetzt, etwa bei Anti-Haft beschichteten Pfannen, Outdoor-Textilien, Teppichen, aber auch in Pestiziden und Kältemitteln. Auch in Deutschland werden PFAS in großen Mengen hergestellt, so etwa in Leverkusen von Covestro, Bayer und Momentive, in Bad Wimpfen von Solvay, in Frankfurt am Main von Daikin und in Burgkirchen an der Alz von Dyneon, Archroma und W.L. Gore.
Bisher ist lediglich die Produktion und Verwendung von weniger als 20 der über 10.000 PFAS Einzelsubstanzen reguliert. Die Verwendung von PFAS in Feuerlöschschäumen ist ab Oktober 2030 beschränkt. Eine Beschränkung der gesamten Gruppe wird zurzeit auf EU Ebene diskutiert.
Für Trinkwasser treten ab 2026 ein Grenzwert für die Summe von 20 PFAS in Kraft, zudem ein strikterer für die Summe von vier PFAS ab 2028. Für Lebensmittel gelten lediglich Grenzwerte für vier PFAS, welche je nach Lebensmittel, zum Beispiel bei Fisch, sehr hoch angesetzt sind.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) stellte 2021 unter Verwendung der Daten aus den Überwachungsprogrammen der Bundesländer fest, dass die täglich aufgenommene PFAS-Menge bereits über dem gesundheitlich kritischen Wert liegt und eine Beeinträchtigung des Immunsystems durch die Chemikalien nicht ausgeschlossen werden kann.
Der BUND hatte bereits im August 2025 eine Untersuchung zur PFAS-Belastung von Lebensmitteln veröffentlicht. Diese zeigte erhöhte Konzentrationen insbesondere in Fischen, Innereien und Hühnereiern aus Hobbyhaltungen.
Hinweis:
Als Umweltverband ist der BUND ein früher Risikoanzeiger, wenn es um Verbraucherthemen geht. Der Verband bearbeitet mit Fachleuten Themen, bei denen eine potenzielle Gesundheitsgefahr entweder gesichert ist, wie bei einigen gut untersuchten Ewigkeitschemikalien PFAS, oder wo dieses zumindest strittig ist, wie bei Glyphosat. Über Tests und Stichproben macht der BUND auf kritische Entwicklungen aufmerksam, fordert die Politik zum Handeln auf und macht damit das Vorsorgeprinzip stark. Ganze Testprogramme kann der Verband nicht finanzieren. Diese sind zudem Aufgabe des Staates.
Informationen:
- BUND- Trinkwassertest:
- Karte zu PFAS im Trinkwasser
- Karte zu PFAS in Grundwasser:
- Daten zum PFAS- Wassertest:
- BundFunk-Podcast mit BUND-Chemieexpertin Luise Körner:
Die Karte zu den BUND-Trinkwassertests stellt der BUND für die Berichterstattung honorarfrei zur Verfügung.
Der BUND kann über die Verwendung frei verfügen. Die Medien erhalten die Grafik für die räumlich, zeitlich und sachlich unbeschränkten Nutzungsrechte. Die Einräumung der Rechte umfasst sämtliche Nutzungsarten inklusive der Übertragung der eingeräumten Rechte auf Dritte, insbesondere im Rahmen von Agenturdiensten.
Für Rückfragen: Corinna Cwielag, Landesgeschäftsführerin BUND Mecklenburg-Vorpommern: T.: 0385 521339-12 oder 0178 5654700
Zur Übersicht