BUND Landesverband
Mecklenburg-Vorpommern e.V.
Jetzt spenden Mitglied werden

Jagd auf Wölfe ersetzt keinen Herdenschutz

29. April 2025

BUND fordert zum Tag des Wolfes am 30.04.2025 stärkeren und einheitlichen Schutz von Weidetieren vor Wölfen • Schutzmaßnahmen für Weidetiere in ganz Deutschland nötig • Standards für Herdenschutz müssen gleich sein • Mehr Nutztierrisse durch Jagd auf Wölfe zu befürchten

Schwerin. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) tritt für ein Nebeneinander von gut geschützten Weidetieren und Wölfen ein. Statt im Rahmen einer pauschalen Jagd zufällige Wolfsindividuen zu erlegen, wäre eine Problemlösung vor Ort durch stärkeren und einheitlichen Herdenschutz nötig, ergänzt um einen gezielten Abschuss von Wölfen, die trotzdem Weidetiere reißen. Dieser gezielte Abschuss ist auch nach bisheriger Rechtslage bundesweit möglich, so der BUND. Als Herdenschutz werden in diesem Zusammenhang Maßnahmen bezeichnet, die verhindern sollen, dass Weidetiere von Raubtieren wie dem Wolf angegriffen werden. Dazu gehören Zäune mit besonderen Vorkehrungen, aber auch Herdenschutzhunde. In Deutschland gibt es unterschiedliche Standards, wie diese Maßnahmen gestaltet werden. Darin sieht der BUND eine Ursache für Nutztierrisse. 

Mareike Herrmann, Naturschutzexpertin des BUND: “Untersuchungen und Erfahrungen aus mehreren Ländern in Europa und weltweit zeigen, dass die Jagd auf Wölfe nicht zu weniger Nutztierrissen geführt hat. In den USA wurden Daten aus 25 Jahren ausgewertet mit dem Ergebnis, dass nach Abschuss einzelner Wölfe im Folgejahr mehr Nutztiere gerissen werden. Erklärt wird dies damit, dass die soziale Struktur im Rudel zerstört wird. Zudem werden durch eine ungezielte Jagd auf alle Wölfe auch solche erschossen, die keine Nutztiere reißen. Unglücklicherweise könnte der Wolf, der gelernt hat Zäune zu überwinden, überleben und die Wölfe abgeschossen werden, die keine Nutztiere angreifen. Freiwerdende Territorien würden sehr bald von anderen Wölfen besiedelt werden, mit einer höheren Wahrscheinlichkeit, dass sie Nutztiere jagen.” 

Die Wolfpopulation wächst in Deutschland seit einigen Jahren nicht mehr so stark wie in den ersten Jahren nach der Rückkehr dieser Art. Die Entwicklung der nächsten Jahre bleibt abzuwarten. “Möglicherweise gibt es in Mecklenburg-Vorpommern nur noch wenige geeignete Lebensräume, in die der Wolf zurückkehren kann. Nachkommen und durchstreifende Wölfe werden meistens ihr Territorium meistens woanders suchen müssen. Dadurch kann die Rückkehr in alle Bereiche Europas gelingen. Wir werden wieder mit dem Wolf leben lernen. Eine erneute Ausrottung ist nicht akzeptabel”, so Mareike Herrmann.   

Für Rückfragen: Mareike Herrmann, BUND-Referentin für Naturschutz, Tel.: 0175 – 99 84 735, E-Mail: mareike.herrmann(at)bund-mv.de  

 

 Hintergrund Wolf 

Die Gesellschaft ringt weiterhin um eine Antwort auf die Frage, wie mit dem zurückgekehrten Wildtier Wolf inmitten der intensiv genutzten Landschaft umgegangen werden sollte. 

Der Schutz von Nutztieren, insbesondere Schafen, auf der Weide ist nach etwa 100 Jahren heute wieder in ganz Deutschland notwendig. Die Zahl der Übergriffe von Wölfen auf Nutztiere ist in MV mit 79 im Jahr 2023 deutlich geringer als das Allzeithoch 2020 mit 102 Übergriffen, obwohl die Zahl der besiedelten Territorien bei etwa 30 geblieben ist. Dabei werden auch uneindeutige Fälle mitgezählt, in denen der Wolf als Verursacher nicht ausgeschlossen werden kann. In diesen Daten sieht der BUND einen Nachweis, dass die Zahl der Wolfsterritorien unerheblich ist für die Gefahr von Übergriffen auf Nutztiere, vielmehr komme es auf das individuelle Verhalten der einzelnen Wölfe an. 

Das Wolfsmanagement beinhaltet, dass die Gesellschaft für solche Schäden zahlt, aber auch für die Maßnahmen, die für eine sichere Weidetierhaltung empfohlen werden. Trotzdem werden viele Weiden nicht mit solchen Maßnahmen geschützt. Der überwiegende Teil der Nutztierrisse durch Wölfe passiert auf ungeschützten Weiden. Sie wirken wie ein Training auf Wolfsindividuen, die so lernen, dass Weidetiere eine leichte Beute sind. Die Rehe, die sie sonst jagen, können besser weglaufen. 

Als nützlicher Nebeneffekt werden die Schutzmaßnahmen gegen Wolfsübergriffe auch Übergriffe von Hunden reduzieren, denn diese werden immer wieder als Verursacher anhand ihrer DNA-Spuren überführt. 

 

Seit 2020 gleichbleibend etwa 30 Territorien in MV 

In Mecklenburg-Vorpommern ist der Bestand des Wolfs mit 31 Territorien genauso groß wie im Wolfsjahr 2020/2021. Auch in den beiden Jahren dazwischen lag die Zahl der Territorien mit 30 bzw. 29 fast auf diesem Niveau. Obwohl die Territorien nicht ganz MV abdecken, ist überall mit Wölfen zu rechnen, da Wölfe ohne Territorium über mehrere hundert Kilometer weit wandern. Der Bestand des Wolfs ist im letzten Wolfsjahr in ganz Deutschland nur noch moderat von 265 auf 274 Territorien angewachsen. Das belegen veröffentlichte Zahlen vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) auf Basis der Meldungen der Länder. 

 

Erfolgsgeschichte der Rückkehr 

Noch vor wenigen Jahren war der Wolf in weiten Teilen Europas ausgerottet, aber immer wieder wanderte der Wolf aus den überlebenden Populationen Osteuropas auch nach Deutschland. Er wurde immer getötet. Seit 1990 gilt der Schutz der Wölfe. Erst seit dem Jahr 2000 gelingt es ihnen wieder Welpen auch in Deutschland aufzuziehen. 

Ein deutschlandweiter Zuwachs von unter vier Prozent der Wolfsterritorien vom Monitoring-Jahr 2023/2024 zum Vorjahr 2022/2023 liegt deutlich unter den anfänglichen hohen Zuwachsraten der Population. Während in den ersten Jahren nach der Rückkehr des Wolfs nach Deutschland durchschnittliche Zuwachsraten von 28 % pro Jahr errechnet wurden, gingen diese danach kontinuierlich zurück. Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt einen klaren Trend, denn die Zuwachsraten sanken in den letzten Jahren ständig und erreichten 2021 noch 16,4 %, 2022 noch 10,9 %, 2023 noch 6,1 % und 2024 nur noch 3,4 %. 

Die Entwicklung entspricht wissenschaftlichen Analysen, wonach die Wölfe zunächst die am besten geeigneten Habitate besiedelten und dort sehr hohe Überlebenschancen und Nachwuchsraten hatten. Müssen im nächsten Besiedlungsschritt weniger gute Habitate besiedelt werden, verringert sich die Nachwuchsrate und damit das Populationswachstum. Das Populationswachstum flacht dann ab. Möglicherweise ist das die Erklärung dafür, dass der Bestand in MV nicht mehr gewachsen ist. 

 

Nicht wieder ausrotten 

Der BUND befürchtet, eine pauschale Jagd wird schnell zu einer Abnahme des Bestandes und letztlich einer erneuten Ausrottung führen. Sein Ziel ist es, Weidelandschaften und intakte Ökosysteme zu erhalten, zu denen alle natürlich vorkommenden Tiere gehören. 

Nachkommen und Zuwanderer gleichen derzeit die vielen unnatürlichen Todesfälle aus. Diese könnten mit ein Grund dafür sein, dass die Zahl der Territorien in MV nicht gewachsen ist. Denn regelmäßig machen Verkehrsopfer etwa dreiviertel der gefundenen toten Wölfe aus. Es trifft besonders junge Wölfe, die kein Territorium haben und über weite Strecken umherziehen. Auch illegale Tötungen konnten vereinzelt nachgewiesen werden. Das Leben in der zersiedelten Landschaft Deutschlands ist für den Wolf gefährlich, trotz strengem Schutz in der Europäischen Union und ohne natürlichen Fressfeind. Dies und die noch nicht besiedelten Gebiete in Europa sind bei der Bewertung des Erhaltungszustands der Population in den biogeographischen Regionen zu berücksichtigen. 

 

Mehr Informationen  

Zur Übersicht

BUND-Bestellkorb