BUND Landesverband
Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Gefährlicher Gifteinsatz per Hubschrauber

03. Juni 2015

Als gefährlichen Gifteinsatz hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die heute begonnenen Hubschraubereinsätze zum Versprühen von Bioziden gegen den Eichenprozessionsspinner im südlichen Landkreis Ludwigslust-Parchim kritisiert. Der BUND sieht in der Anwendung von Bioziden gegen den Eichenprozessionsspinner aus der Luft Gefahren für Anwohner, Passanten und Natur. Der Einsatz fände bei starkem Wind, in Siedlungsnähe und in Schutzgebieten statt. Das eingesetzte Mittel FORAY ES könne seinerseits Allergien auslösen und ist nur bei Windstille oder geringem Wind einzusetzen. Durch den starken Wind kann es in Gewässer verdriftet werden, wo es toxisch auf Wasserorganismen wirkt. Die Hubschrauber können zudem die Nesselhaare alter und neuer Raupen verwirbeln. Das Sicherheitsdatenblatt der Bundesanstalt für Arbeitschutz schreibt eine Sperrung der besprühten Gebiete von 12 Stunden vor. Bei den Sprühaktionen im Landkreis Ludwigslust-Parchim wären hingegen nur 15 Minuten Sperrung vorgesehen.

„Der Helikoptereinsatz 2015 erfolgt so spät, dass die Raupen das dritte und vierte Larvenstadium erreicht haben können. Durch den Luftwirbel des Helikoptereinsatzes werden möglicherweise die Brennhaare der Raupennester des vergangenen Jahres verteilt und die Brennhaare der neuen Raupen zusätzlich. Das gewählte Biozid FORAY ES ist auch für Menschen giftig, insbesondere für die Atemwege und bei Hautkontakt. Die Spritzungen sind auch in Siedlungsnähe und in unmittelbarer Gewässernähe vorgesehen. Dem BUND liegen Beschwerden aus dem letzten Jahr vor, dass Häuser und Gewässer direkt überflogen und besprüht wurden. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin weist darauf hin, dass das Biozid nur als letzte Möglichkeit einer Anwendungsmethode und nur bei großflächigem, starken Befall umfangreicher Baumbestände angewendet werden soll. Ein großflächiger Befall ist aber nicht nachgewiesen, im Gegenteil, der Befall ist zurückgegangen.“ sagt Corinna Cwielag, Landesgeschäftsführerin des BUND.

Der Einsatz von Bioziden aus der Luft sei auch fragwürdig, weil damit die natürlichen Regulierungszyklen des seit 250 Jahren in Deutschland nachgewiesenen Eichenprozessions­spinners stark gehemmt würden. In Eichenkronen leben über 530 Insektenarten, 250 davon sind Schmetterlingsarten.
„Der Eichenprozessionsspinner hat eine Vielzahl von natürlichen Gegenspielern. Dazu gehören: Schlupfwespen, Raupenfliegen, Puppenräuber, Pilze und Viren sowie Kuckuck und Pirol. Auch die Wirtspflanzen reagieren auf den Befall. Der flächenhafte Biozideinsatz greift in dieses Gefüge ein und verhindert eine natürliche Regulierung. Es ist nachgewiesen, dass gerade der Eichenprozessionsspinner und ein weiterer Eichenschädling, der Eichenwickler nach dem Biozideinsatz zurückkehren. Andere Schmetterlingsarten bleiben hingegen dauerhaft weg oder  werden in den besprühten Bereichen vollständig vernichtet.“ sagt Corinna Cwielag vom BUND.

Der Einsatz des Spritzgiftes sei nach Angaben des Bundesamtes für Naturschutz keine Gewähr für die tatsächliche Abwehr der Gesundheitsgefahren, sondern nur eine Minderung, da selbst unter günstigen Bedingungen nur ein Wirkungsgrad von 75 Prozent möglich ist. Als Alternative gegen akute Gesundheitsgefahren werden vom BUND die erfolgreichen Maßnahmen von Gemeinden wie Wöbbelin oder Parchim gesehen. Die Gemeinden haben die Gespinstnester befallener Eichen im Siedlungsbereich absaugen lassen.
Corinna Cwielag: „In nachweisbar befallenen Alleen außerorts sollte besser vor dem Befall mit dem Eichenprozessionsspinner gewarnt werden, dann können diese Bereiche gemieden werden, oder Autofenster geschlossen werden. Einen flächendeckend ´vorbeugender´ Einsatz schadet mehr als er nutzt und ist nicht sinnvoll. Langfristig müssen wir aber dafür sorgen, dass wir ausreichend Gegenspieler in intakten Naturräumen haben. Insbesondere der Kuckuck leidet unter dem Rückgang von Feldvögeln, Vögeln der Feuchtgebiete und Röhrichte und von Sing- und Gartenvögeln. Auch mit dem Rückgang der Fledermauspopulationen wird ein vermehrtes Auftreten des Eichenprozessionsspinners beobachtet.“


Für Rückfragen Corinna Cwielag, T. 0385 52133912 oder 0178 5654700  

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