BUND Landesverband
Mecklenburg-Vorpommern e.V.

BIO-Modellregion Warnow für eine saubere Ostsee!

08. Juni 2018 | Flüsse & Gewässer, Landwirtschaft, Massentierhaltung, Meere, Meeresschutz, Nachhaltigkeit, Ökolandbau, Ostsee

- Überdüngung der Ostsee durch industrielle Landwirtschaft verursacht/ - Modellrechnungen ergaben durch Extensivierung bzw. Ökolandbau eine Stickstoffreduzierung um dreiviertel im gesamten Warnow-Einzugsgebiet/ - BUND stellt 20 Maßnahmevorschläge für eine BIO-Modellregion Warnow vor.

Der BUND stellt am Welt-Tag des Meeres 2018 seine aktuelle Studie „BIO-Modell-Region Warnow“ vor. Das Regionalforum „Weitsicht für die Ostsee“ findet am Freitag, 08. Juni von 11:00-13:00 Uhr an der Agrar- und Umweltwissenschaftliche Fakultät der Universität Rostock in 18059 Rostock, Justus von Liebig Weg 6, Seminarraum 1 statt.
Die 58-seitige BUND-Studie umfasst eine Übersicht zur Eutrophierung der Ostsee, stellt erfolgreiche Modellregionen zum Grundwasserschutz vor und die aktuellen Ergebnisse von Modellierungen zur Extensivierung bzw. zur Umstellung auf Ökolandbau im gesamten Warnow-Einzugsgebiet. Abschließend werden erste Überlegungen zu einer „BIO-Modellregion Warnow“ entwickelt.
Dr. B. Roloff, Agrarexperte und Autor zum Anlass der BUND-Studie: „Die Ostsee ist nach wie vor von Eutrophierung bedroht. Besonders betroffen sind die Küstengewässer. Diese Überdüngung wird u.a. durch die intensive, industrielle Landwirtschaft verursacht. Übermäßige Düngergaben, vor allem Phosphor und Stickstoff, gelangen über die Luft, das Grundwasser und die Flüsse, wie z.B. die Warnow in die Ostsee. Für das Einzugsgebiet Warnow-Peene entsteht ein Minderungsbedarf für die Ostsee von 5 000 t Stickstoff/Jahr. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat 2011 und 2016 ein Konzept zur Minderung diffuser Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft vorgelegt. Weder in den Maßnahme-, den Management-, noch in den Bewirtschaftungsplänen der Flüsse kommt der Ökologische Landbau als eine praktikable Möglichkeit zur Minderung des Stickstoffeintrages in die Oberflächengewässer bis heute vor.“
Innerhalb des länderübergreifenden BUND-Projektes „Weitsicht für die Ostsee“ hat der BUND Landesverband Mecklenburg-Vorpommern darum erstmals eine Modell-Studie in Auftrag gegeben, um den Einfluss unterschiedlicher Landbewirtschaftung auf den Stickstoffaustrag in die Warnow zu berechnen. Dafür wurde an der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock, Professur für Bodenphysik ein ökohydrologisches Modell konstruiert. Einerseits die Extensivierung der landwirtschaftlichen Produktion in Form einer Halbierung des Stickstoff-Einsatzes und andererseits die Umstellung auf ökologischen Landbau wurden in diesem Modell abgebildet und die Reduzierung des Stickstoffes im gesamten Warnow-Einzugsgebiet simuliert. Die Stickstoff-Frachtreduktionen beim Extensivierungs- und Ökoszenario ähnelten sich und betrugen 76% bzw. 70 %.“ 

Roloff erläutert, was unter der BIO-Modellregion Warnow zu verstehen ist: „Die eindeutigen Modell-Ergebnisse führten zu ersten Überlegungen, eine sogenannte BIO-Modellregion Warnow zu entwickeln. 20 Maßnahmevorschläge wurden folgenden vier Arbeitsfeldern zugeordnet: Landnutzung und Nutztierhaltung, Verarbeitung und Vermarktung, Tourismus und Erholung sowie Öffentlichkeitsarbeit und Verbraucheraufklärung. Die Bio-Modellregion Warnow wäre bundesweit die erste Modellregion, in der alle Maßnahmen in einem Fluss-Einzugsgebiet so gestaltet werden, dass so wenige Nährstoffe wie möglich in die Warnow gelangen. Das betrifft die Landbewirtschaftung, die flächengebundene, artgerechte Nutztierhaltung, aber auch die nachhaltige touristische und wirtschaftliche Entwicklung. Die Extensivierung und die Umstellung auf ökologischen Landbau wären dabei ein geeignetes Mittel zur Erreichung wesentlich geringerer Nitratfrachten aus der Warnow und dadurch deutlich weniger Eutrophierung in den Küstengewässern der Ostsee.“
Prof. Bernd Lennartz, Professor für Bodenphysik an der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock zur Bedeutung der von seinem Team durgeführten Modellrechnungen: „Die Modellstudie mit dem öko-hydrologischem Modell SWAT zeigte, dass das Düngungsregime in der Landbewirtschaftung einen maßgeblichen Einfluss auf den Nährstoffeintrag in Gewässer hat. Sowohl die drastische Reduktion der Düngermenge insgesamt als auch die Umstellung auf ökologischen Landbau führen langfristig zu einer Verringerung der Stickstoffbelastung der Warnow um über 70% im Vergleich zur aktuellen Situation. Der beobachtete wassergebundene Nährstoffexport in der Ökolandbauvariante ist auf den vergleichsweise hohen Anteil an Leguminosen in der Fruchtfolge zurückzuführen. Obwohl Simulationsmodelle stets nur bedingt die komplexen Prozesse der Natur wiedergeben können, konnte die aktuelle Studie belegen, dass ein nachhaltiger Umgang mit Nährstoffen in der Landwirtschaft langfristig zum Schutz unserer Gewässer beiträgt.“
Hintergrund: Der Tag des Meeres wird seit 2009 von den Vereinten Nationen begangen und findet dieses Jahr am 08. Juni 2018 statt. Die Ozeane werden als bedeutend für Ernährungssicherheit, Gesundheit und dem Überleben allen Lebens, für das Klima und als ein kritischer Teil der Biosphäre gesehen. Ziel des Tages ist es daher, weltweit Aufmerksamkeit für aktuelle Herausforderungen im Zusammenhang mit den Ozeanen zu erlangen.
Prof. Maren Voß vom IOW zur Überdüngung der Ostsee: „Die Ostsee ist eines der am stärksten eutrophierten Meeresgebiete weltweit, weil das gesamte Einzugsgebiet starker menschlicher Nutzung unterliegt und von insgesamt 85 Millionen Menschen bewohnt und bewirtschaftet wird. Die Nährstoffzufuhr aus den Flüssen über die Atmosphäre und durch stickstofffixierende „Blaualgen“ zusammen mit anderen Umweltfaktoren (Beckenstruktur, starke Unterschiede im Salzgehalt, Strömungsmuster) hat zu einer starken Zunahme von sauerstofffreien Zonen am Boden der zentralen Ostsee aber auch in den Küstengewässern Dänemarks, Schwedens und Finnlands geführt. Obwohl die höchsten Konzentrationen an Nährstoffen Mitte der 80er Jahre vorlagen, und seitdem eine Abnahme zu verzeichnen ist, scheint sich die Situation des Sauerstoffmangels am Meeresboden und im Tiefenwasser nicht zu verbessern.“
Rückfragen: Dr. Burkhard Roloff, BUND, Tel.: 0385 52133913 und 0176 25190600, Prof. Bernd Lennartz, Professor für Bodenphysik der AUF Rostock, Tel.: 0381 498 3180. 

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