BUND Landesverband
Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Agroforst fördern für besseren Schutz vor Wind- und Boden-Erosion!

08. April 2022 | Landwirtschaft, Ökolandbau

- BUND fordert Agroforst als neue Agrarumwelt- und Klimamaßnahme ab 2023 - BUND fordert, investive Förderung von Agroforst voll auszuschöpfen

Vor elf Jahren, am Freitag, den 08.04.2011 gegen 12:30 Uhr geschah auf der A19 bei Kavelstorf ein tragischer Massenunfall mit acht Toten und 131 Verletzten. 83 Fahrzeuge sind damals ineinander gerast, weil ein riesiger Sandsturm den Fahrzeugführern bei gleichzeitig unangepasster Geschwindigkeit die Sicht nahm.

Dr. Burkhard Roloff, Agrarexperte beim BUND zu den Ursachen des Sandsturmes: „Die Ursache dieses sogenannten Sandsturms auf dem damals frisch bearbeiteten Feld an der A19 war die vorherige Bodenbearbeitung auf dem stark ausgetrockneten Boden bei gleichzeitigen stürmischen Ost-Wind. Durch die industrielle Landbewirtschaftung mit zu schwerer Landtechnik auf den riesigen Feldern, in einer fast ausgeräumten Landschaft kommt es immer öfter zu enormer Wind- und Bodenerosion. In Mecklenburg sind bis 1991 zwei Drittel aller existierenden Feldhecken gerodet worden. Wir wissen, dass über die Hälfte der Böden im Land stark und mittelstark erosionsgefährdet und verdichtet sind.“

Aus Anlass der morgigen Wiederkehr des Massenunfalls auf der A19 fordert der BUND Agroforst als neue Agrarumwelt- und Klimamaßnahme in der neuen Förderperiode 2023-2027 aufzunehmen.

Dr. Burkhard Roloff appelliert an die Landesregierung, Agroforstflächen in Zukunft zu fördern: „Mehrreihige Hecken und sogenannte Agroforstsysteme bieten auf erosionsgefährdeten Feldern besseren Schutz vor Wind- und Boden-Erosion. In den zurzeit erarbeiteten Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen des Landes ab 2023 sind Agroforstsysteme jedoch nicht vorgesehen. Wir brauchen endlich eine attraktive Förderung für Agroforstsysteme als Agrarumwelt- und Klimamaßnahme. Die Fördersätze für die Investition bzw. Anlage als auch für die Bewirtschaftung der Agroforstflächen müssen so hoch sein, dass damit ausreichend Anreize für Agroforstflächen im Land entstehen.“

Roloff erklärt die Bedeutung von Agroforstsystemen: „Agroforstwirtschaft ist eine Landnutzungsform, bei der mehrjährige Bäume und Sträucher auf derselben Fläche angepflanzt werden, auf der auch landwirtschaftliche Nutzpflanzen angebaut und / oder Tiere gehalten werden. Die Bäume und Sträucher dienen zur Produktion von Energie- und Wertholz, Früchten sowie als Wind- und Bodenschutz. Agroforstsysteme führen im Boden zu mehr Feuchtigkeit, Nährstoffen und Humus, was langfristig auch die Erträge stabilisiert oder steigert. Neben der wirtschaftlichen Produktion in Agroforstsystemen kann zugleich die biologische Vielfalt und damit das gesamte Anbausystem ökologisch aufgewertet bzw. widerstandsfähiger, d.h. resilienter gemacht werden. So könnten zusätzlich unter die Bäume mehrjährige Blühstreifen gesät oder Sträucher zur Förderung von Insekten dazwischen gepflanzt werden. Agroforst ist eine nachhaltige Landnutzung für mehr Klimaschutz, Klimaanpassung, Bodenschutz, Strukturvielfalt in der Landwirtschaft und Multifunktionalität in der Landschaft.“

Roloff erläutert die bisherige sowie eine mögliche Praxis der Förderung von Agroforstsystemen: „Bislang finden Agroforstsysteme im deutschen Agrarförderrecht keine Berücksichtigung. Agroforstflächen waren bislang nicht mit dem deutschen Agrarförderrecht vereinbar. Ab 2023 jedoch, sind diese erstmals als Teil der beihilfefähigen landwirtschaftlichen Fläche definiert. Die Anlage von Agroforstsystemen ist dann sowohl auf Ackerland, in Dauerkulturen als auch auf Grünland möglich. Der in der bisherigen GAP-Direktzahlungen-Verordnung festgelegte sehr niedrige Öko-Regelungs-Förderbetrag von 60 €/ha Gehölzfläche deckt jedoch nicht die mit der Bewirtschaftung verbundenen Kosten. In Brandenburg wurden für Agroforstflächen mit einem Gehölzflächenanteil von 25% z.B. in den ersten 7 Jahren jährliche Fördersummen für die Bewirtschaftung von höchstens 387€/ha berechnet und danach nur noch 197€/ha. Aktuell erlaubt die Kommission den Mitgliedstaaten, die Anlage von Agroforstflächen bis zu 100% zu fördern. Allerdings wurde die Förderquote für die Investition in ein Agroforstsystem bundesweit auf maximal 60% begrenzt, einige Bundesländer wollen eine investive Förderung mit nur 40% finanzieren.“

Hintergrund:

Das Prinzip Agroforst ist nicht neu und wurde bereits im Mittelalter angewandt: Streuobstwiesen oder Eichelmast mit Schweinen in sogenannten Hude-Wäldern oder die norddeutschen Knick-Landschaften sind dafür bekannt. Als man bei der Landbewirtschaftung zunehmend auf große Landmaschinen setzte, störten Bäume und Sträucher zunehmend und diese besondere Form der Bewirtschaftung verschwand bei uns im Land. Moderne Agroforstsysteme sind an die Landtechnik und die Produktionsweise der heutigen Landwirtschaft angepasst.

2020 hatte die SPD-Fraktion im Landtag von MV einen Antrag zur Einführung einer Förderung für Agroforstsysteme in MV eingebracht und im selben Jahr kündigte Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus an, landeseigene Flächen zur Anlage von Agroforstflächen bereitzustellen.

In der Koalitionsvereinbarung 2021-2026 wird unter Pkt. 205 versprochen, die Voraussetzungen für die Etablierung von Agroforstsystemen als landwirtschaftliche Tätigkeit und Agrarumwelt- und Klimamaßnahme zu schaffen.Der Bundestag beschloss im Januar 2021 die Förderung von Agroforstsystemen in Deutschland durch den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zur „Produktivität, Klimaresilienz und Biodiversität steigern – Agroforstwirtschaft fördern“. Der Bundesrat hat im Mai 2021 beschlossen, dass die Agroforstwirtschaft künftig im Agrarfördersystem fest verankert werden soll. Dies soll mit Inkrafttreten der neuen GAP-Förderperiode 2023 umgesetzt werden.

Rückfragen: Dr. Burkhard Roloff, BUND, Tel.: 0385 52133913 und 0176 25190600

Anlage: Zwei Abbildungen zum Agroforst in Brandenburg und Frankreich

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