BUND Landesverband
Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Die Feldhecke

Lebenslinien in der Landschaft

  • Feldhecken bringen Struktur in die Landschaft. Sie sind artenreich und bestehen aus vielen verschiedenen Sträuchern und Kräutern.
  • Feldhecken bieten vielen Tieren ganzjährig Wetterschutz, Rückzugsraum, Nahrung und Lebensraum. Viele dieser Tiere stehen auf der Roten Liste.
  • Insekten wie Wildbienen finden vom frühen Frühjahr bis weit in den Sommer Blütennahrung.
  • Feldhecken verbinden Biotope (Biotopverbund).
  • Feldhecken verringern in ihrem Umfeld die Bodenerosion durch Wind und Wasser erheblich und erhöhen die lokale Bodenfeuchtigkeit.

Was unterscheidet Feldhecken von anderen Hecken?

Feldhecken sind zwei- bis dreireihige Strauchreihen, z.B. an Landwegen und in der offenen Landschaft, in denen auch vereinzelt Bäume als sogenannte Überhälter wachsen können.  Sie bestehen aus vielen verschiedenen einheimischen Gehölzarten und werden nicht regelmäßig beschnitten  - im Gegensatz zu den streng gepflegten und nach landschaftsplanerischen Gesichtspunkten angelegten Siedlungs- bzw. Gartenhecken.

Die westmecklenburgischen Knicks (Wallhecken) sind eine Sonderform der Feldhecken. Diese historischen Hecken wurden auf Erdwällen angelegt. Stehen beidseits von schmalen Feldwegen Wallhecken, werden diese Doppelknicks als Redder bezeichnet. Dominieren Bäume, handelt es sich um Baumhecken.

Feldhecken sind mehrreihig und daher in der Regel stufig angeordnet. Die Ausprägung und Zusammensetzung ist abhängig von verschiedenen Umweltfaktoren. Dies sind vor allem Licht- und Wärmeverhältnisse, Wind, Niederschlag, Boden- und Luftfeuchte, pH-Wert des Bodens, Humusgehalt und CO2-Gehalt der Luft. Innerhalb, am Rand, in Bodennähe und oberhalb von Feldhecken und je nach Himmelsrichtung bilden sich unterschiedliche kleinräumige Klimazonen aus, die einer Vielzahl von Pflanzen und Tieren mit unterschiedlichen Ansprüchen einen wertvollen, abwechslungsreichen Lebensraum bieten. Etwa 1500 Tierarten, von Kleinsäugern über Vögel und Reptilien bis zu Insekten und Spinnen, besiedeln mitteleuropäische Hecken.

 

Gesetzlich geschützte Biotope

 

Ab einer Länge von 50 m sind naturnahe Feldhecken gemäß § 20 des Naturschutzausführungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommerns gesetzlich geschützte Biotope. Das heißt, bis auf die traditionelle Pflege sind jegliche Eingriffe, die dieses Biotop schädigen, zerstören oder seinen Charakter verändern, verboten. Pflegearbeiten dürfen nicht zwischen dem 1. März und 31. September ausgeführt werden.

 

Von Sträuchern, Bäumen und Kräutern

Feldsperling, Bluthänfling, Goldammer, Rotkehlchen.

Typisch für Feldhecken sind stachelreiche Arten wie Hecken-Rosen, Brombeeren, Schlehen, Weißdorn, aber auch Hasel, Pfaffenhütchen, Schwarzer Holunder und Gewöhnlicher Schneeball. Die Blüten, Samen, Nüsse und Beeren stellen einen reichhaltig gedeckten Tisch für die Tierwelt dar. Und auch wir Menschen naschen gern von den Früchten, sofern ungiftig, am Wegesrand. Dabei hilft es vor allem den Vögeln sehr, wenn wir ihnen die Sträucher nicht völlig kahlgepflückt zurücklassen.

Als Überhälter (Bäume) sind Ahorn, Hainbuche, Stiel-Eiche, verschiedene Wildobstarten oder Kiefer in den Hecken vorzufinden. Besonders alte Bäume, die Höhlen und Mulm in sich bergen, haben einen hohen Wert für Fledermäuse, Eulen oder den Eremiten, ein europarechtlich streng geschützter Käfer, der nur im Totholz lebt.

Heckenbiotope werden von krautigen Säumen aus meist stickstoffliebenden Pflanzenarten begleitet, wie Brennnessel, rankende Zaunwinde, Giersch, gelb blühende Nelkenwurz oder weiß blühende Knoblauchsrauke. Diese breiten sich durch Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft zunehmend aus. Natürlicherweise werden nitratarme Standorte am Heckenfuß von licht- und wärmeliebenden Kräutern besiedelt, die sich je nach pH-Wert des Bodens als basenliebende oder säureliebende Krautsäume ausbilden. Viele dieser besonders für Insekten wie Schmetterlinge und Wildbienen wichtigen Kräuter ruhen im Winter unter der Erde als sogenannte Geophyten (in Form von Zwiebeln, Knollen oder Rhizomen) und erfreuen auch uns erst wieder im Frühling mit ihren Farben, Formen und Düften.

Mehr als nur ein Lebensraum für Singvögel

Mit dem Lebensraum Feldhecke eng verbunden sind vor allem die Insektenfresser. Man findet z.B. Grasmücke, Fitis, Zilzalp, Sumpfrohrsänger, Neuntöter oder Heckenbraunelle. Sie verbringen allerdings die Winter im warmen Süden.  Die (Sing-)Vögel, die nicht in wärmere Gefilde abwandern, trotzen dick aufgeplustert dem Winter und ziehen sich in das schützende Innere der Hecken zurück. So können wir Goldammer, Feldsperling, Bluthänfling oder Raubwürger neben Rotkehlchen, Blau- und Schwarzmeise und Haussperling entdecken.

Neben Singvögeln sind auch Mäusebussard, Turmfalke oder Rotmilan anzutreffen, sie gehen in den Heckenlandschaften auf Beutezug.

Der Igel hat in den Hecken sein Revier und schläft im Winter unter Laubhaufen. Feld-, Hasel-, Spitz- und Waldmaus lieben die Früchte der Heckenpflanzen. Lesesteinhaufen oder alter Heckenschnitt bietet Verstecke für Kreuzotter und Hermelin. Es können auch – besonders in Gewässernähe - der grasgrüne Laub- der braune Grasfrosch und auch die Erdkröte im Mikroklima in der Kernzone der Hecke überwintern. Ja sogar Schmetterlinge richten sich an den Sträuchern ein Winterquartier ein. Besonders interessant ist der Zitronenfalter, der sich nicht verpuppt, sondern im Falterstadium wie ein Blatt am Feldgehölz hängt. Faszinierend: Nicht nur wir nutzen Frostschutzmittel z.B. bei unseren Autos, auch der gelbe Schmetterling produziert ein Frostschutzmittel, das ihn vor dem Kältetod bewahrt. Unzählige andere Insekten überwintern an den Stengelresten im Krautsaum, um im Sommer von diesen Kräutern zu fressen, ihre Eier abzulegen oder sich zu verstecken.

Diese seltenen Tiere werden wir wohl eher nicht zu Gesicht bekommen, aber vielleicht finden sich im Schnee ihre Spuren: für Rebhuhn und Feldhase sind Feldhecken ebenfalls ein idealer Aufenthaltsort. Durch die intensive Landwirtschaft sind ihre Bestände bedroht.

Unter den heckenbewohnenden und -besuchenden Tieren sind viele gefährdet, stehen auf der Roten Liste oder sind europarechtlich besonders geschützt (FFH-Arten).

Hecken bieten vielfältigen Schutz - für Mensch und Tier

Eine Blaumeise lässt sich die Beeren des Sanddorns schmecken. Rechts: Ansitzwarte eines Neuntöters.

Die Funktionen der Feldhecken sind vielfältig. Nicht nur für Tiere, sondern auch für Menschen, sei er nun Spaziergänger oder Landwirt.

Feldhecken sind Lebensadern in der offenen Landschaft und verbinden verschiedene Biotope untereinander (Biotopverbund). Sie dienen z.B. Fledermäusen und Insekten als Leitstrukturen zwischen ihren Habitaten (z.B. Sommer-Winter, Nahrungssuche-Nest). Vögel nutzen die Heckenstrukturen als Ansitzwarte, Singwarte und Bruthabitat. Sehr viele Tiere finden hier ihre Nahrung, seien es Nektar, Blätter, Rinde, Beeren, Nüsse, Samen oder Insekten und Kleintiere. Und sie finden Schutz vor Feinden, aber auch kurzzeitig, z.B.während der landwirtschaftlichen Arbeiten auf den angrenzenden Feldern.

Üppige Feldhecken bieten Schutz vor zu intensiver Sonneneinstrahlung, bringen im Sommer angenehme Kühle und im Winter Schutz vor der Kälte. Sie sind – vorausgesetzt sie stehen an der richtigen Stelle – ein wirksamer  Windschutz und verringern im Umfeld die Bodenerosion und erhöhen dafür die lokale Bodenfeuchtigkeit. Besonders den angrenzenden Äckern wird hier ein ertragssteigerndes Mikroklima geschaffen. „Nützlinge“ für die Landwirtschaft finden hier Lebensraum und wirken in die benachbarten Felder hinein.

Feldhecken in Gefahr

In Mecklenburg-Vorpommern wurden in den 1950er und 60er Jahren zahlreiche Heckenstrukturen zugunsten der industriellen, großräumigen Landwirtschaft vernichtet. Feldhecken verschwanden in der Landschaft zunehmend auch durch Flurbereinigung. Der Schwerpunkt der Heckenlandschaft befand sich in Westmecklenburg. Im Vergleich zu 1900 waren 1991 nur noch ein Drittel der Hecken in Westmecklenburg übrig geblieben. Müssen heutzutage naturnahe Feldecken für z.B. den Straßen- und Wegebau weichen, ist es notwendig dies mit Neuanpflanzungen von einheimischen Gehölzen auszugleichen. Bis die ökologischen Funktionen einer gewachsenen, üppigen Feldhecke wieder hergestellt sind, braucht es allerdings Jahre bis Jahrzehnte.

Feldhecken müssen etwa alle 10-20 Jahre „auf den Stock gesetzt“ bzw. ausgeästet werden, damit Wege nutzbar bleiben und sich keine Waldstruktur daraus entwickelt. Mangelnde Pflege führt zum Verschwinden des wertvollen Biotops. Die intensive Landwirtschaft, die zu dicht bis an die noch verbliebenen Feldhecken heranreicht, hat ebenfalls einen negativen Effekt durch den Kontakt mit Herbiziden und Insektiziden und aufgrund des zu hohen Nährstoffeintrages. Ein Mindestabstand von 4 m am Heckenfuß sollte unbedingt eingehalten werden. Als Wildkräuterstreifen kann dieser als Puffer dienen und gleichzeitig auch eine Verschattung der Feldfrüchte minimieren. Lange Heckenstrukturen von mehr als 5 km Länge ohne größere Unterbrechungen wirken sich günstiger aus als mehrere kürzere.

Der BUND mahnt an, im Sinne der Bundesstrategie für mehr Artenvielfalt die sehr großen Felder in Mecklenburg-Vorpommern durch neu angelegte Hecken zu unterteilen. Isoliert liegenden Sölle könnten auf diese Weise miteinander verbunden werden. Die gute Bewirtschaftbarkeit durch große Maschinen muss dabei ja nicht zwangsläufig eingeschränkt werden. Willkommener Nebeneffekt wäre eine verminderte windbedingte Bodenerrosion.

BUND-Tipp: Benjeshecken

In seinem Buch „Die Vernetzung von Lebensräumen mit Benjeshecken“ verdeutlicht Hermann Benjes mit vielen Anekdoten die Bedeutung von Hecken für die Landschaft und ihre Ökologie. Durch das Anlegen von sogenannten „Benjeshecken“ an richtiger Stelle kann jeder naturschützend aktiv werden, ohne allzuviel Arbeit und Geld zu investieren: durch das streifenweise Ablegen von ansonsten als Abfall behandelten Gehölzschnitten (Gestrüppwälle) und wenigen Initialpflanzungen bietet man Kleintieren neuen Unterschlupf. Vögel werden mit ihrem samenreichen Kot für eine neue Aussaat von Sträuchern sorgen. Mit dem Wind verbreiteten Pflanzensamen bleiben im Gehölzischnitt hängen und sorgen für eine natürliche Bereicherung der Vegetation. So entsteht ohne viel Arbeit aus einer Benjeshecke mit der Zeit zunächst eine Kraut- und schließlich eine Feldhecke.

Fotos (Vögel): Jens Köhler

Foto (weiße Hecke): Janine Wilken

Weitere Informationen im Internet:

Literatur:

  • Benjes, H.: Die Vernetzung von Lebensräumen mit Benjeshecken. 5. überarbeitete Auflage, Natur & Umwelt Verlag, Bonn, 1998.
  • Bergstedt, J.: Biotopschutz in der Praxis – Grundlagen, Planung, Handlungsmöglichkeiten. 1. Auflage, WILEY-VCH Verlag, Weinheim, 2011.
  • Fünfstück, H-J., Ebert, A., Weiß, I.: Taschenlexikon der Vögel Deutschlands. Ein kompetenter Begleiter durch die heimische Vogelwelt. Quelle und Meyer Verlag, Wiebelsheim, 2010.
  • Gesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern zur Ausführung des Bundesnaturschutzgesetzes (Naturschutzausführungsgesetz - NatSchAG M-V), vom 23. Februar 2010, zuletzt geändert durch durch Artikel 14 des Gesetzes vom 12. Juli 2010 (GVOBl. M-V S. 383, 395).
  • Weber, H. E.: Gebüsche, Hecken, Krautsäume. Eugen Ulmer KG, Stuttgart, 2008.
  • Westphal, U.: Hecken – Lebensräume in Garten und Landschaft. Ökologie, Artenvielfalt, Praxis. Pala-Verlag, Darmstadt, 2011. 

 

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