BUND Landesverband
Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Protest gegen Waldrodung

28. September 2022 | Wald

“Auch hier bald kein Wald mehr?” / BUNDjugend: Wald statt Asphalt!

Der Protest gegen die geplante Rodung von 130 Hektar Wald für ein sogenanntes “Grünes Gewerbegebiet“ bei Grabow in Mecklenburg wird jetzt sichtbar. Mit einem großen Banner auf dem steht “Auch hier bald kein Wald mehr?” machen die Parents for Future Ludwiglust, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die BUNDjugend, der NABU Ludwigslust und die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald auf die drohende Waldrodung für den ersten Teil des Vorhabens über 46 Hektar an der Bundestraße 5 aufmerksam. Die Erweiterung des Gebietes um weiter 90 Hektar ist durch die Stadt Grabow bereits beschlossen. Die Jugendorganisation BUNDjugend im BUND fordert: „Wald statt Asphalt!“

Die geplanten Waldrodung auf einer so großen Fläche sei in Anbetracht des Klimawandels anachronistisch, so die Umweltverbände. Deutschland hat sich gemeinsam mit 99 anderen Staaten auf der Klimakonferenz in Glasgow dazu verpflichtet, keine Wälder mehr zu roden. Die Zerstörung des Waldökosystems auf so großer Fläche hat auch Auswirkungen auf Wasserrückhalt und Grundwasserneubildung und die Artenvielfalt vor Ort. Es gibt unmittelbare Auswirkungen auf die benachbarten Natura 2000-Schutzgebiete und deren klimarelevante Moore. Ein Bruchwaldkomplex, der gerodet werden soll beherbergt vom Ausstreben bedrohte Vogelarten. Hitzeminderung und Kaltluftentstehung gehen auch für Anwohner und benachbarte Naturschutzgebiete unwiederbringlich verloren. Die Hitzebildung wird durch die flächenhafte Versiegelung des geplanten Gewerbegebietes noch verstärkt. Der geplante Ausgleich des Waldverlustes auf 28 kleine Ersatzpflanzungen mit Größen zwischen 1 und 13 Hektar auf verstreuten Teilflächen kann niemals die Funktion des großen zusammenhängenden Waldkomplexes erfüllen, lauten die Vorwürfe der Umweltverbände.

Der BUND und die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald haben Rechtsmittel gegen die Genehmigung der Waldrodung eingelegt. Das Landeswaldgesetz erlaube Waldrodungen nur für den Fall, dass Vorhaben nicht an anderer Stelle verwirklich werden können. „Die einzelnen Zusagen der Gewerbeansiedlung liegen bei maximal 10 Hektar, die auf bestehenden Gewerbeflächen umgesetzt werden können. Nur für 10 Hektar besteht überhaupt ein Vorvertrag“, so Corinna Cwielag vom BUND.

Ann Dörthe Holst von Parents for Future Ludwigslust sagt: „Im Rodungsbescheid des Forstamtes Grabow vom 6.Juli 2022 werden für das „Grüne Gewerbegebiet“, das als landesweit bedeutender Standort entwickelt werden soll, folgende Interessenten aufgeführt: ein holzverarbeitendes Unternehmen, ein Logistikunternehmen und der ansässige Autohof, der seine Parkfläche erweitern und Wasserstoff herstellen will - dafür benötigt er viel Wasser und sehr viel Strom, was beides hier vor Ort nicht vorhanden ist!“

Die Aktion wird von BUND, Parents for Future Ludwigslust, Schutzgemeinschaft Deutscher Wald und NABU Ludwigslust getragen

Für Rückfragen:

Corinna Cwielag, Landesgeschäftsführerin BUND M-V, Kontakt: 0178 5654700

Ann Dörthe Holst, Sprecherin Parents für Future Ludwigslust

Matthias Kreiner, Vorstandsvorsitzender Schutzgemeinschaft Deutscher Wald M-V

Jessika Hermann, Vorsitzende NABU Ludwiglust

 

Hintergrund Waldrodung Grabow zu PM 32-22:

Auf 130 Hektar zusammenhängender Waldfläche will die Kleinstadt Grabow in Mecklenburg ein Gewerbegebiet errichten. Das Gebiet ist zusammenhängend bewaldet. Für das Vorhaben „Erschließung des Gewerbeparks A 14“ und „Erweiterung Gewerbepark A 14“ der Stadt Grabow wurde durch die Landesregierung eine Zuwendung über 38 Mio. € als Anteilsfinanzierung von 95 % bewilligt. Für den ersten Teil des Gewerbegebietes über 40 Hektar wurde am 06.07.2022 durch die Landesforst die Genehmigung zur Rodung des Waldes erteilt. Nach Beschluss der Stadt Grabow vom November 2020[1] soll das Gewerbegebiet um weitere 90 Hektar erweitert werden. Für die Funktion und die Leistungsfähigkeit des Waldes für Rückhalt und die Speicherung von Wasser in der Fläche und die ausgleichende Funktion für das örtliche Klima sind die beabsichtigten Rodungsflächen von überragender Bedeutung. Das Waldgebiet liegt unmittelbar an einem Europäischen Natura 2000 Schutzgebiet (Natura 2000-Gebiet „Ludwigsluster-Grabower Heide, Weißes Moor und Griemoor“). Es ist nicht gelungen, eine annähernd ausreichende Fläche für eine Ersatzpflanzung zu finden, die der umgewandelten Fläche nach Größe, Lage, Beschaffenheit und künftiger Funktion gleichwertig werden kann – so schreibt es das Landeswaldgesetz vor. Stattdessen sollen mehrere Kilometer entfernt 28 vereinzelte Ersatzpflanzungen auf verstreuten Teilflächen erfolgen. Davon sind 14 kleiner als 1 Hektar und nur zwei größer als 5 Hektar. Nach Landeswaldgesetz darf Wald nur gerodet werden, wenn Vorhaben nicht auf anderen Flächen verwirklich werden können (§ 10 Landeswaldgesetz M-V). Die Ansiedlung der bisher anfragenden Unternehmen ist auch auf bestehenden Gewerbeflächen möglich.

Für den Bau eines weiteren Gewerbegebietes in der Region besteht nachweislich kein Bedarf. Das Regionale Entwicklungskonzept A14 belegt, dass bis 2030 ein Bedarf für maximal 40 Hektar Gewerbestandorte in der gesamten Region Ludwigslust – Neustadt-Glewe – Grabow besteht. Dieser Bedarf wird bereits mit den bestehenden Gewerbeflächen quantitativ abgedeckt. In der Region sind diverse, schon erschlossene, Gewerbeflächen frei, auch mit direktem Autobahn-Anschluss wie z.B. im Gewebegebiet „Stüdekoppel“, was 52 Hektar groß ist. In der Umweltverträglichkeitsprüfung wurden Alternativflächen untersucht. Im Ergebnis der Prüfung nach Umweltbelangen wurde anderen Gebieten wie dem Gebiet Nr. 15 an der K39 und dem Gebiet „B5 Richtung Kremmin“ der Vorrang gegeben. Dennoch soll nun der „Gewerbepark A14“ mit dem größten Waldverlust realisiert werden.

Die Zerstörung des Ökosystems Wald ist unwiederbringlich. Die vielfältigen Symbiosen im Waldboden entstehen im Verlaufe von Jahrhunderten. Für die Anpassung an den Klimawandel müssen die bestehenden Wälder geschützt werden. Auch reine Kiefernforsten erbringen immerhin drei Viertel der Kohlendioxidbindung eines Buchenwaldes. Sie müssen durch Einbringen von Laubholzarten umgebaut und gestärkt werden. Der Wert der Wälder bei Grabow besteht trotz der Zerschneidung durch die A14 immer noch besonders in der Größe der zusammenhängenden Fläche. Der Grabower Forst hat wichtige Funktionen der Wasserspeicherung. Der bei der Waldrodung eintretende Verlust der Speicherkapazität des Waldes für Wasser und die Auswirkungen auf den Wasserhaushalt und das Klima ist erheblich. Besonders kleine Ersatzflächen sind nicht in der Lage die vielfältigen Waldfunktionen auszugleichen.

Deutschland hat sich gemeinsam mit 99 anderen Staaten auf der Klimakonferenz in Glasgow dazu verpflichtet, keine Wälder mehr zu roden. Nach dem Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom April 2021[2] und den Beschlüssen der Klimakonferenz in Glasgow muss das Vorhaben des Gewerbegebietes A14 neu überprüft werden, da es erhebliche klimawirksame Folgen haben würde.

Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald M-V ist anerkannter Naturschutzverband und hat ebenfalls eine altruistisches Klagerecht für die Einhaltung der geltenden Naturschutzgesetze.

 


[1] Aufstellungsbeschluss der Stadt Grabow vom 26.11.2020

[2] BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 24. März 2021 - 1 BvR 2656/18 -, Rn. 1-270,

 

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