BUND Landesverband
Mecklenburg-Vorpommern e.V.

BUND und Schutzgemeinschaft Deutscher Wald greifen Genehmigung zur Waldrodung für „Gewerbepark A14“ bei Grabow an

03. August 2022 | Wald

40 Hektar Waldrodung für Gewerbepark widersprechen Waldgesetz, Klimaschutzgesetz und Naturschutzrecht / Weitere 90 Hektar bereits beschlossen / Auch Schutzgemeinschaft Deutscher Wald legt Widerspruch ein

Die Genehmigung für die geplante Rodung von zunächst 40 Hektar Wald für eine sogenanntes „Grünes Gewerbegebiet“ bei Grabow Westmecklenburg widerspricht laut BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) dem Klimaschutzgesetz, dem Waldgesetz und dem geltenden Naturschutzrecht. Die geplanten Ersatzpflanzungen können die Schäden nicht ausgleichen. Deshalb hat der BUND-Landesverband Widerspruch gegen die durch die Landesforst erteilte Genehmigung zur Waldrodung eingelegt. Auf Beschluss der Stadt Grabow soll das Gewerbegebiet um weitere 90 Hektar erweitert werden, so dass insgesamt 130 Hektar Waldfläche gerodet und versiegelt werden sollen. Neben dem BUND hat auch die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) in Mecklenburg-Vorpommern Widerspruch eingelegt.

Für Gewerbeansiedlungen an der A14 bestünden Alternativen ohne Waldrodung, die ebenfalls im Raum Ludwigslust-Grabow und nahe an der A14 liegen, so der BUND. „Die Umweltverträglichkeitsprüfung hat andere Standorte als geeigneter benannt, die aber wieder verworfen wurden. Die einzelnen Zusagen der Gewerbeansiedlung liegen bei maximal 10 Hektar, die auf bestehenden Gewerbeflächen umgesetzt werden können. Nur für 10 Hektar besteht überhaupt ein Vorvertrag. Nach Landeswaldgesetz darf aber Wald nur gerodet werden, wenn Vorhaben nicht auf anderen Flächen verwirklich werden können“, so Corinna Cwielag vom BUND.

Der geplanten Waldrodung stehe auch der gesetzliche Klimaschutz der Bundesrepublik Deutschland entgegen. Danach müssen öffentliche Planungsträger die Klimawirkungen eines Vorhabens berücksichtigen. „Die Zerstörung des Waldökosystems auf so einer großen Fläche ist in Anbetracht des Klimawandels anachronistisch. Eine Waldrodung in so großem Stil hat Auswirkungen auf Wasserrückhalt und Grundwasserneubildung. Hitzeminderung und Kaltluftentstehung gehen auch für Anwohner und benachbarte Naturschutzgebiete unwiederbringlich verloren“, sagt BUND-Landesgeschäftsführerin Corinna Cwielag.

Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat für das Vorhaben des Gewerbegebietes als „Grünes Gewerbegebiet“ eine Zuwendung über 38 Mio. € aus öffentlichen Mitteln bewilligt. „Dafür müssten nach Landeskriterien im Vorhaben einige Maßgaben unter anderem zu alternativer Mobilität sparsamem Umgang mit Ressourcen und Flächen erfüllt werden. Es ist völlig unklar, wie diese Kriterien nach der Rodung einer zusammenhängenden Waldfläche erfüllt werden sollen“, sagt Corinna Cwielag vom BUND.

Rückfragen an BUND und SDW über: Corinna Cwielag, Landesgeschäftsführerin BUND M-V: T.0385 521339-12 oder 0178 56654700

 

Hintergrund PM 29-22:

Auf 130 Hektar zusammenhängender Waldfläche will die Kleinstadt Grabow in Mecklenburg ein Gewerbegebiet errichten. Das Gebiet ist zusammenhängend bewaldet. Für das Vorhaben „Erschließung des Gewerbeparks A 14“ und „Erweiterung Gewerbepark A 14“ der Stadt Grabow wurde durch die Landesregierung eine Zuwendung über 38 Mio. € als Anteilsfinanzierung von 95 % bewilligt. Für den ersten Teil des Gewerbegebietes über 40 Hektar wurde am 06.07.2022 durch die Landesforst die Genehmigung zur Rodung des Waldes erteilt. Nach Beschluss der Stadt Grabow vom November 2020[1] soll das Gewerbegebiet um weitere 90 Hektar erweitert werden. Für die Funktion und die Leistungsfähigkeit des Waldes für Rückhalt und die Speicherung von Wasser in der Fläche und die ausgleichende Funktion für das örtliche Klima sind die beabsichtigten Rodungsflächen von überragender Bedeutung. Das Waldgebiet liegt unmittelbar an einem Europäischen Natura 2000 Schutzgebiet (Natura 2000-Gebiet „Ludwigsluster-Grabower Heide, Weißes Moor und Griemoor“). Es ist nicht gelungen, eine annähernd ausreichende Fläche für eine Ersatzpflanzung zu finden, die der umgewandelten Fläche nach Größe, Lage, Beschaffenheit und künftiger Funktion gleichwertig werden kann – so schreibt es das Landeswaldgesetz vor. Stattdessen sollen mehrere Kilometer entfernt 28 vereinzelte Ersatzpflanzungen auf verstreuten Teilflächen erfolgen. Davon sind 14 kleiner als 1 Hektar und nur zwei größer als 5 Hektar. Nach Landeswaldgesetz darf Wald nur gerodet werden, wenn Vorhaben nicht auf anderen Flächen verwirklich werden können (§ 10 Landeswaldgesetz M-V). Die Ansiedlung der bisher anfragenden Unternehmen ist auch auf bestehenden Gewerbeflächen möglich.

Für den Bau eines weiteren Gewerbegebietes in der Region besteht nachweislich kein Bedarf. Das Regionale Entwicklungskonzept A14 belegt, dass bis 2030 ein Bedarf für maximal 40 Hektar Gewerbestandorte in der gesamten Region Ludwigslust – Neustadt-Glewe – Grabow besteht. Dieser Bedarf wird bereits mit den bestehenden Gewerbeflächen quantitativ abgedeckt. In der Region sind diverse, schon erschlossene, Gewerbeflächen frei, auch mit direktem Autobahn-Anschluss wie z.B. im Gewebegebiet „Stüdekoppel“, was 52 Hektar groß ist. In der Umweltverträglichkeitsprüfung wurden Alternativflächen untersucht. Im Ergebnis der Prüfung nach Umweltbelangen wurde anderen Gebieten wie dem Gebiet Nr. 15 an der K39 und dem Gebiet „B5 Richtung Kremmin“ der Vorrang gegeben. Dennoch soll nun der „Gewerbepark A14“ mit dem größten Waldverlust realisiert werden.

Die Zerstörung des Ökosystems Wald ist unwiederbringlich. Die vielfältigen Symbiosen im Waldboden entstehen im Verlaufe von Jahrhunderten. Für die Anpassung an den Klimawandel müssen die bestehenden Wälder geschützt werden. Auch reine Kiefernforsten erbringen immerhin drei Viertel der Kohlendioxidbindung eines Buchenwaldes. Sie müssen durch Einbringen von Laubholzarten umgebaut und gestärkt werden. Der Wert der Wälder bei Grabow besteht trotz der Zerschneidung durch die A14 immer noch besonders in der Größe der zusammenhängenden Fläche. Der Grabower Forst hat wichtige Funktionen der Wasserspeicherung. Der bei der Waldrodung eintretende Verlust der Speicherkapazität des Waldes für Wasser und die Auswirkungen auf den Wasserhaushalt und das Klima ist erheblich. Besonders kleine Ersatzflächen sind nicht in der Lage die vielfältigen Waldfunktionen auszugleichen.

Deutschland hat sich gemeinsam mit 99 anderen Staaten auf der Klimakonferenz in Glasgow dazu verpflichtet, keine Wälder mehr zu roden. Nach dem Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom April 2021[2] und den Beschlüssen der Klimakonferenz in Glasgow muss das Vorhaben des Gewerbegebietes A14 neu überprüft werden, da es erhebliche klimawirksame Folgen haben würde.

Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald M-V ist anerkannter Naturschutzverband und hat ebenfalls eine altruistisches Klagerecht für die Einhaltung der geltenden Naturschutzgesetze.

 


[1] Aufstellungsbeschluss der Stadt Grabow vom 26.11.2020

[2] BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 24. März 2021
- 1 BvR 2656/18 -, Rn. 1-270,

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