BUND Landesverband
Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Schuldenabbau dient ganz klar unserem Wohlergehen

1.            Wohlergehen neu definieren.

In Ihrem Diskussionspapier Klimagerechtes Schwerin 2035 heißt es zum Wohlergehen, dass Schwerin sich bisher zu sehr auf wirtschaftliches Wachstum und Schuldenabbau fokussiere und dies zu einer sozialen und ökologischen Katastrophe führe. Dem möchte ich gerne widersprechen. Für mich sind wirtschaftliches Wachstum und Schuldenabbau ein Weg zu mehr Wohlergehen für uns alle. Schuldenabbau betreibe ich nicht als Selbstzweck, sondern um unsere demokratische Selbstbestimmung zu stärken und vor allem, um nicht die Zukunftschancen unserer Kinder und Jugendlichen zu verbauen – sie müssten schließlich unsere Schulden begleichen. Wirtschaftliches Wachstum ist auch nicht per se unökologisch, viele Wachstumsbranchen sind heute grün. Gewerbesteuereinnahmen sind eine wichtige Säule der Kommunalfinanzen – mit denen wir Jugendarbeit, Musikschulen, neue Kindergärten und Fahrradwege bezahlen können.

Sie betonen weiter, dass Ihnen die ungleichen Lebensverhältnisse in den Stadtteilen und der öffentliche Zugang zu den Seeufern wichtige Anliegen sind. Da bin ich ganz bei Ihnen. Marcel Helbig hat uns 2018 mit seiner Studie zur Segregation gezeigt, dass die soziale Ungleichheit in den Stadtvierteln bei uns unglaublich ausgeprägt ist. Da steuere ich gegen – z.B. mit bezahlbarem Wohnraum in der Innenstadt und dem Neubau des Jobcenters und der Berufsschule Gesundheit und Soziales im Süden der Stadt. Diesen Prozess, die Desegration, habe ich in meiner ersten Amtszeit angeschoben, es wird jedoch lange dauern, die etwa 30 Jährige Entwicklung umzukehren – ein Anfang ist gemacht.

Der öffentliche Zugang zu unseren wunderbaren Seen ist ebenfalls auf meiner Agenda. Auf der Krösnitz und dem Dwang ist das bereits gelungen – auch wenn es dort erhebliche Widerstände gab. Am Werder soll es weitergehen und auch am Ziegelsee gibt es konkrete Pläne, die jedoch aufgrund unserer finanzieller Situation vom Innenministerium untersagt wurden. Hier schließt sich der Kreis – Schuldenabbau dient ganz klar unserem Wohlergehen.    

2.            Alle zusammen. Jetzt!

3.            Neues Schutzkonzept entwickeln.

Ich beantworte die beiden Themenkomplexe gerne gemeinsam. In unserer Stadtvertretung haben wir derzeit konservative Mehrheiten. Das macht es schwierig progressive Projekte umzusetzen. Ich will ein konkretes Beispiel geben: Die Einrichtung des Radschutzstreifens in der Lübecker Straße von der Robert-Beltz-Straße bis zum Friesensportplatz wurde von der Vertretung zunächst abgelehnt. Die Kommunalverfassung räumt dem Oberbürgermeister das Mittel des Widerspruchs gegen Stadtvertreterbeschlüsse ein – aus finanziellen Gründen oder weil der Beschluss dem Wohl der Stadt nicht entspricht. Genau diesen Weg bin ich damals gegangen, der Radstreifen ist nun da – der Weg dahin war zäh und mühsam. Ich hoffe sehr, dass nach der Kommunalwahl im kommenden Jahr andere Mehrheiten entstehen, die es in meiner zweiten Amtszeit ermöglichen, unsere klimapolitischen Ziele und Projekte schneller umzusetzen. Denn das geht wirklich nur zusammen. Die Notwendigkeit anders mit unseren Ressourcen umzugehen ist in den allermeisten Köpfen angekommen, wir müssen diese Dynamik nutzen und zwar auch indem wir damit verbunden Ängste ernst nehmen.

4.            Nachhaltig investieren.

Auch hier antworte ich Ihnen konkret mit Beispielen aus meinem Verwaltungsalltag. Bei dem Neubau der Albert-Schweitzer-Schule bringen wir Solar aufs Dach und schließen die Schule ans Fernwärmenetz an. Auch andere Projekte wie das Jobcenter werden nach neuesten energetischen Standards gebaut. Bei der Sanierung der Landreiterstraße war es mir wichtig, dass der neue Straßenbelag fahrradfreundlich ist, dass ist zwar ein kleiner, aber eben doch ein Schritt hin zur Mobilitätswende. So sind es viele einzelne Entscheidungen, die in der Summe zu mehr Klimaschutz führen.

5.            Energieverbrauch senken

Zunächst ist es mir wichtig zu betonen, dass der Denkmalschutz durchaus gute Argumente hat – das gehört für mich auch zum Wohlergehen und gutem Miteinander, dass die Argumente des Gegenüber gehört werden. Es gibt sehr viele Beispiele insbesondere in der Schelfstadt, wo energetische Sanierung im denkmalgeschützten Bestand erfolgt ist.

Die Energiekrise hat uns gezeigt, dass es im Ernstfall möglich ist, erhebliche Mengen von Energie zu sparen. Wir haben auch gemerkt, dass dies zulasten unserer Gewohnheiten geht. Unser Ressourcenhunger ist immens, das wird sich ändern müssen und die Energieerzeugung muss dezentraler erfolgen – eine schöne Überleitung zur nächsten Frage.

6.            Energie aus der Region

Ich setze zum Beispiel auf Geothermie. Unsere Stadtwerke haben erfolgreich Bohrungen durchgeführt und bereits weitere Bohrungen avisiert. Wir können bis zum Ende dieses Jahrzehnts wahrscheinlich die Hälfte unserer benötigten Heizenergie geothermisch erzeugen. Das ist ein riesiger Schritt Richtung Energieunabhängigkeit – der Ressourcen schützt, die Umwelt schont und dabei auch den Geldbeutel der Schwerinerinnen und Schweriner entlastet. Die Planungen für einen Solarpark im Süden der Stadt werden entwickelt, unsere Stadtwerke engagieren sich ebenso im Wasserstoffbereich. Auf den Dachflächen unserer zahlreichen Mehrgeschosser im Westen und Süden der Stadt sehe ich ebenfalls viel Potential für Solarthermie bzw. -voltaik. Im regionalen Planungsverband setze ich mich auch dafür ein, dass Windräder im Umland genehmigt werden können.

7.            Fossilfrei mobil bleiben

Naja, ob es wirklich immer möglich ist unter 15 Minuten zu bleiben – dieses Ziel muss ich infrage stellen. Schwerin besteht ja nicht nur aus der Innenstadt. Wohne ich in der Hegelstraße und fahre zum Fußballtraining in Lankow, benötige ich mit der Straßenbahn eine halbe Stunde. Aber ich unterstütze und teile Ihr Anliegen, Wege ohne das Auto zurückzulegen. Unser Nahverkehr ist dafür eine wichtige Säule, in den vergangenen Jahren wurden bereits viele Elektrobusse in die Flotte genommen. Wir haben außerdem in der Stadt Ladesäulen für Elektroautos installiert und sind damit in puncto E-Mobilität in meiner Amtszeit von den hinteren Plätzen in das Mittelfeld aufgestiegen. 

Mir als passioniertem Radfahrer ist die konsequente Umsetzung des Fahrradkonzeptes ein wichtiges Anliegen für die zweite Amtszeit. Unser Pilotprojekt zum emissionsfreien Lieferverkehr ist gerade an den Start gegangen – unsere Bibliothek geht schon mit sehr guten Beispiel voran, Medien werden per Lastenrad zu den Nutzerinnen und Nutzern gebracht.      

8.            Stadt für die Zukunft gestalten

Das Leitbild 2030 ist unser Rahmen für die Stadtentwicklung bis zum Ende des Jahrzehnts. Mir war es wichtig, die eingetretenen Pfade zu verlassen und daher haben wir dem eigentlichen Entstehungsprozess in den politischen Gremien der Stadt, einen Workshop mit Bürgerinnen und Bürgern vorgeschaltet. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden gelost. Wir haben nach dem Zufallsprinzip 200 Personen angeschrieben, ob sie an dem Zukunftsworkshop teilnehmen wollen. 20 Menschen sind dieser Einladung gefolgt und wir haben intensiv über die Entwicklung Schwerins gesprochen. Wir haben uns dabei an den siebzehn UN-Nachhaltigkeitszielen orientiert und unser Leitbild so geclustert. Das Ergebnis wurde dann in den Gremien diskutiert und schließlich Anfang 2022 von der Stadtvertretung beschlossen.

9.            Regionale Wirtschaft stärken

Ich glaube wir sollten das eine tun, das andere aber auch nicht lassen. Mir sind 10 Wirtschaftsansiedlungen à 200 Arbeitsplätzen auch lieber, als eine mit 2000. Wir haben in unserem Industriepark hervorragende Bedingungen und bereits tolle Unternehmen für uns gewinnen können. Unser Mittelstand und das Handwerk sind das Rückgrat unserer regionalen Wirtschaft. Hier haben wir in meiner Amtszeit mit der Berufsschule Technik beste Ausbildungsmöglichkeiten für die zukünftigen Fachkräfte geschaffen.

10.          Kreislaufwirtschaft aufbauen.

Wir haben bereits einige Unternehmen, die das Cradle to Cradle-Prinzip leben bzw. besonders nachhaltig wirtschaften. Ich denke da z.B. an GreenLife, die intelligente Wassermanagementsysteme mit Regenwasser für Wohn- und Geschäftshäuser entwerfen. Next Polymers ist auch so ein Beispiel – aus Verpackungsmüll werden hochwertige Folien hergestellt. Unsere Bioabfälle und ausgediente Weihnachtsbäume werden in eine Anlage zur kombinierten Kompostierung und Bioabfallvergärung verwertet unter anderem für die Stromgewinnung.

11.          Naturschätze vermehren

Wir sind besonders reich an Naturschätzen in Schwerin. Das macht die Stadt so lebens- und liebenswert: die vielen Seen und Wälder, die wunderschöne Natur sind unser großes Pfund. Bauprojekte auf der grünen Wiese sehe ich zunehmend kritisch – für mich muss die Innenentwicklung der Stadt Vorrang haben. Wir entwickeln in den kommenden Jahren den Güterbahnhof und die Paulshöhe – das Warnitzer Feld ist aus meiner Sicht nicht mehr zeitgemäß – die Versiegelung von schützenswerten Naturräumen wird mit mir als Oberbürgermeister nicht weiter forciert.

Bei dem umstrittenen Straßenprojekt der Nordumgehung sehe ich das anders. Die Straße wird zu einer erheblichen Entlastung der Innen- und Nordstadt führen und damit das Wohlergehen der Menschen dort positiv beeinflussen. Bei anderen Straßenprojekten ist mir die fahrrad- und Fußgängerfreundlichkeit besonders wichtig.

12.          Global vernetzen

Der Austausch beginnt schon vor unserer Haustür: Das gute Miteinander mit unseren Nachbargemeinden – eine Stadt der guten Nachbarschaft zu sein – das prägte meine erste Amtszeit. Haben sich die umliegenden Gemeinden und die Landeshauptstadt früher verklagt, gründen wir nun gemeinsam einen Verkehrsverbund, der es ermöglichen wird von Boizenburg bis Boltenhagen mit nur einem Fahrschein zu fahren. Das Vernetzen mit anderen Städten und Gemeinden ist mir sehr wichtig und ich arbeite aktiv in verschieden Gremien mit z.B. im Kongress der Regionen des Europarates (KGRE). Das ist die institutionelle Vertretung der lokalen Demokratie in Europa. Im Oktober habe ich virtuell bei einem Kongress in Canada zu kommunalen Finanzen referiert und ich bin Sprecher im Bündnis Für die Würde unserer Städte. Das Bündnis setzt sich für die Entschuldung von Kommunen ein, um mehr Teilhabe und demokratische Selbstbestimmung vor Ort zu erreichen. Besonders in Erinnerung sind mir die Delegationsreisen nach Wien (mit dem Schwerpunkt sozialer Wohnungsbau) und in unsere Partnerstadt Tallinn (Schwerpunkt Digitalisierung) geblieben. Es ist immer gut, den eigenen Horizont zu erweitern und sich auszutauschen, zuzuhören und selbst zu erzählen.

BUND-Bestellkorb